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Gesellschaft & Religion «Die Debatte um Vollverschleierung ist eine Scheindebatte»

Die Unterdrückung der Frau lasse sich nicht mit neuen Zwängen bekämpfen, sagen die katholischen Frauen der Schweiz. Ordensfrauen und kirchliche Feministinnen sind sich einig wie selten: Ein Verschleierungsverbot treffe die Falschen.

Bereits vor fünf Jahren flammte die Diskussion um Frauenverschleierung auf. Damals ging es um die Minarett-Initiative. Der interreligiöse Thinktank der Schweiz verfasste umgehend eine Expertise zum Thema.

Diesem theologischen Thinktank gehören neben der christlichen Theologinnen wie Doris Strahm auch Musliminnen und Jüdinnen an.

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Doris Strahm zum Burka-Verbot
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An ihren Argumenten habe sich seither nichts geändert, betont die Katholikin Strahm: Die Debatte um Vollverschleierung sei eine Scheindebatte, weil es nur sehr wenige vollverschleierte Frauen in Schweiz gebe, zumeist Touristinnen.

Eine unverhältnismässige Debatte?

Die wenigen Schweizer Vollverschleierten seien überzeugte Konvertitinnen. Als prominenteste Schweizerin ist Nora Illi zu nennen, die stets medienwirksam auftritt.

Sie provozierte zum Start des «Burka-Verbots» im Tessin und brachte einen Sponsor für die Geldbusse mit. Illi macht so Werbung für einen extremen Minderheitenislam. Denn die Vollverschleierung lässt sich nicht mit dem Koran belegen.

«Die Burka gibt es nicht im Islam», hält Amira Hafner Al Jabaji fest. Sie ist Islamwissenschaftlerin und Präsidentin des interreligiösen Thinktanks. Die SRF-Sternstundenmoderatorin Hafner betont zudem: «Die Burka ist eine Erfindung des politischen Islam».

Ein Verbot trifft wieder nur die Frauen

Die Katholikinnen streiten für eine Versachlichung der Debatte. Der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) brachte bereits 2013 ein Faktenblatt zum Kopftuch heraus.

Link zum Thema

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Das Dossier «Welten des Islam» zeigt den Islam jenseits der Klischees.

Das Verbot, Kopftuch in der Schule zu tragen, treffe Mädchen und Frauen. Auch katholische Ordensfrauen, die an öffentlichen Schulen unterrichten, würden eingeschränkt.

Ihr Fazit: Schon das Kopftuchverbot führt zu Ausschluss von Frauen aus Bildungsinstitutionen. Es erreiche also genau das Gegenteil einer vermeintlichen Frauen-Befreiung.

Keine Kleidungsvorschrifen

Ein weiteres Verbot werde verschleierte Frauen nur noch mehr in die Isolation treiben, kritisiert Regula Ott vom SKF. Dem katholischen Medienzentrum gegenüber machte Ott ihre Position so klar:

«Diese Vorschriften wurden fast immer von Männern erlassen, die bestimmten, wie Frauen auszusehen hatten. Wir sind für die Selbstbestimmung der Frau. Wenn eine Frau aufgrund ihres religiösen Glaubens einen Schleier tragen will, dann soll sie dies auch tun dürfen.»

Für die Katholikin Doris Strahm geht es hier weniger um Religionsfreiheit als um die generelle Freiheit, sich zu kleiden, wie man möchte.

Attentäter kleiden sich unauffällig

Den Einwand, dass sich aber die Sicherheitslage in den letzten Jahren verschärft habe, lässt Strahm nicht gelten: Kein einziger Anschlag in der westlichen Welt sei von einer voll verschleierten Frau verübt worden.

Die Attentäter würden sich bewusst unauffällig und modern kleiden. In ihrer absoluten Mehrheit seien Terroristen junge Männer in Jeans und T-Shirts.

Fernsehnonne mit Schleier

Auch die katholischen Ordensfrauen erheben ihre Stimme. Wer wirklich für Frauenrechte eintreten möchte, solle doch zuerst für Frauenbildung sorgen und für einen frauenfreundlichen Arbeitsmarkt, sagt Beatrix Mayrhofer. Die Ordensfrau ist Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs.

Ähnlich äusserte sich die Schweizer Dominikanerin Ingrid Grave, die mit Schleier als Fernsehnonne bekannt wurde. Grave räumt allerdings ein, dass ein Schleier, sei es auch nur ein Kopftuch, bei uns zum Integrationshemmnis werden könne.

Der katholischen Nachrichtenagentur KIPA sagte sie: «Eine Burka oder ein Kopftuch kann eine Integration erschweren.» Trotzdem ist sie gegen ein Burkaverbot. Die Katholikin Ingrid Grave möchte niemandem vorschreiben, wie er oder sie sich zu kleiden habe.

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