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Gesellschaft & Religion Für jede Aufgabe eine Zone: Ein neues Büro soll fleissiger machen

Wie sieht das optimale Büro aus? An der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten wird erforscht, welche Raumgestaltung die Arbeit erleichtern kann. Ruhe- und Begegnungszonen, verschiedene Farben und selbst Topfpflanzen sollen Kreativität und Konzentration ankurbeln.

Die moderne Bürogestaltung wirft alte Gewohnheiten um: Kleinbüros und feste Arbeitsplätze sind auf dem Rückzug. «Regel Nummer eins ist, dass man sich bei der Raumgestaltung an den Tätigkeiten und Bedürfnissen der Mitarbeitenden orientiert», sagt Hartmut Schulze, Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Er leitet das Institut für Kooperationsforschung und -entwicklung (FHNW).

Wie das mitarbeiterfreundliche Büro aussehen könnte, zeigen zwei Etagen der Hochschule für Angewandte Psychologie der FHNW an der Riggenbachstrasse in Olten. Hartmut Schulze hat mitkonzipiert.

Von der «Social Zone» bis zur «Regular Zone»

Im dritten Stock ist die Raumaufteilung nach dem Geräuschpegel organisiert. Laut kann es beim Eingang zugehen. Nach den Postfächern der 65 Mitarbeitenden und Sitzungszimmern weitet sich der Raum. Linkerhand befindet sich eine Küche mit zwei grossen Fenstern auf das 400-Quadratmeter-Grossraumbüro. Gleich daneben gibt es Sofas und einen Stehtisch. «Social Zone» nennen Schulze und Barbara Degenhardt, die an der FHNW das Seminar «Moderne Büroräumlichkeiten psychologisch optimal gestalten» leitet, diese Fläche. Sie dient dem informellen Austausch unter den Mitarbeitern. Genau wie das Treppenhaus und die Terrasse.

Eine hüfthohe Regalreihe trennt die «Social Zone» von der «Projektzone». Hier setzen sich Kleingruppen zur Arbeit zusammen. Psychologin Degenhardt weist auf Bildschirme hin: Sie sind so angeordnet, dass sich einander gegenüber Sitzende nicht in die Augen schauen. Denn mangelnde «visuelle Privatheit» werde oft als aggressiv empfunden. Zur Fensterfront hin stehen jeweils vier Tische beieinander, gegen die Mitte des Gebäudes jeweils zwei. In der Mitte ist längs ein unmöblierter Streifen ausgespart: der Gehweg bis zur Rückwand.

Auch das «Home Office» gehört zum Konzept

Rechts dieses Korridors finden sich mit Stellwänden abgegrenzte Bereiche für Besprechungen. Im offenen Grossraum schliesst links an die «Projektzone» die «Regular Zone» an. Sie dient laut Hartmut Schulze «für die normale Arbeitstätigkeit, für kurze Telefonate und Unterhaltungen.» Wer mehr besprechen wolle, gehe in die Meeting-Räume oder die Projektzone.

Weiter gliedert ein Regal-Riegel von 1.80 Metern Höhe den Raum. Dahinter erstreckt sich die «Silent Zone». Telefone fehlen hier, die Regel lautet: keine Telefonate, keine Gespräche. Ein dunkelgrüner Sichtschutz trennt die Arbeitsplätze voneinander. Zweck der Zone: die kreative, konzentrierte Einzeltätigkeit.

Im vierten Stock setzt sich der Bereich für ruhiges Arbeiten fort. Dort sitzen Mitarbeiter, die sich mit längerfristigen Projekten beschäftigen. Mit zum Zonenkonzept gehört auch das «Home office», die Arbeit im Büro zuhause.

Auf beiden Etagen gilt: Wer einen halben Tag nicht da ist, räumt den Tisch. Feste Arbeitsplätze gibt es nur wenige, etwa für die Sekretärin, die täglich anwesend ist.

Und die Nachteile?

Barbara Degenhardt weist auf eine gewisse Unübersichtlichkeit hin: «Wegen des Sichtschutzes weiss man oft nicht, wer im Haus ist.» Das erschwere manchmal die Kommunikation. Hartmut Schulze nennt als Nachteil die geringen Rückzugsmöglichkeiten. Denn auch Projektteams würden gerne ungestört arbeiten. «Und farblich sind die zwei Büroetagen nicht ‹state of the art›», sagt er. Weiss und Grau herrschen vor, doch im Büro halte jetzt Farbe Einzug, weil gewisse Farben bestimmte Gehirnregionen aktivieren, was Kreativität und Konzentration fördere – und damit auch die Arbeitsleistung.

Die obligate Topfpflanze

Im modernen Büro hat sogar die Topfpflanze einen weiteren Zweck als den eines Raumtrenners. Barbara Degenhardt: «Die Aufmerksamkeitserholung wird gefördert, wenn Personen in die Natur sehen können – oder zumindest auf ein Stück symbolische Natur.» Und apropos Sicht: Auch der Blick aus dem Bürofenster, also der Standort des Gebäudes, sei bedeutsam: «Was sehen die Mitarbeitenden, wenn sie rausschauen? Haben sie überhaupt die Möglichkeit dazu? Was für ein Licht bekommen sie? Wie ist die Qualität des Areals rundherum?» Der Blick in die Weite sei eng verschaltet mit dem abstrakten Denken. Für kreative Tätigkeiten seien deshalb Räume mit einem Eindruck von Weite günstig.

Der vierte Stock erlaubt einen Ausblick bis zu den Ketten des Juras. Beim Bezug der Büroräume hörte Hartmut Schulze einen Mitarbeiter sagen: «Jetzt kann ich meinen Blick schweifen lassen, jetzt kann ich mal die grossen Gedanken pflegen.»

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