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Traditionspflege – Secondos entdecken die Volkstänze ihrer Heimat
Aus Kulturplatz vom 10.05.2017.
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Volkstanz im Aufwind Herz und Füsse tanzen im Takt

Ob afrikanische Volkstänze oder kretische Kriegstänze: Sie erzählen Geschichten, geben Traditionen weiter – und sind sehr schweisstreibend. Eine Kombination, die vor allem bei Jungen Anklang findet.

Das Wichtigste in Kürze

  • Françoise Strassburg hat die Tanzgruppe Café au Lait vor 15 Jahren gegründet. Heute tanzen hier 50 Mädchen und Jungs aus binationalen Ehen.
  • Die Kinder lernen, wie Tanz in den afrikanischen Ländern zum Alltag gehört. Und wie man Geschichten übers Tanzen erzählt.
  • Es gibt auch Tanzgruppen anderer Nationen, beispielsweise aus Kreta. Allen Gruppen geht es darum, in der Schweiz, ein Stück ihrer Identität und Kultur zu pflegen.

In der grossen Turnhalle des Zürcher Gemeinschaftszentrums Riesbach klingen laute Trommeln. Man versteht kaum sein eigenes Wort. Der Boden vibriert und die Haare der Mädchen schleudern durch die Luft.

Es ist Probe bei Café au Lait – einem Verein zur Pflege panafrikanischer Volkstänze. Schweisstreibend ist der Tanz. Doch nur um Fitness geht es hier nicht.

Einen Teil Afrikas behalten

Françoise Strassburg hat Café au Lait vor 15 Jahren gegründet, für ihre Tochter Djoa. Heute tanzen hier 50 Mädchen und Jungs, viele Scheidungskinder aus binationalen Ehen. Es sei wichtig, sagt sie, dass die Kinder wenigstens einen Teil von Afrika in sich behalten.

Dass sie lernen, wie Tanz in den afrikanischen Ländern zum Alltag gehört. Und wie man Geschichten übers Tanzen erzählt. Der aktuelle Tanz stammt aus Burkina Faso und erzählt die Geschichte von pubertierenden Mädchen, die sich endlich frei bewegen können.

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  • Wie Schweizer schwofen: Alte Tanz-Aufnahmen aus der Schweiz gibt es nur wenige. Um dem Vergessen vorzubeugen, sammeln und restaurieren zwei Schweizer Institutionen die Dokumente.
  • Aus den Townships in die Schweiz: Der Dokumentarfilm «Life In Progress» hat junge Südafrikaner über vier Jahre begleitet – mit Blick auf ihre Leidenschaft: das Tanzen.

Tanz als Codewort für den Widerstand

Im GZ Buchegg probt unterdessen die Vereinigung der Kreter in der Schweiz ihre Tänze. Zackig gibt der Trainer Anweisungen – «Ena, Dio, Tria» zählt er streng. Der Rhythmus fordert die Tänzer heraus. Doch alle machen diszipliniert mit: Sie üben wieder und wieder die gleichen Schrittfolgen. Die Männer strapazieren ihre Knie bei ihren improvisierten, hohen Sprüngen.

Die meisten kretischen Tänze sind Kriegstänze. Wie zum Beispiel der Pentozalis, der Fünf-Schritte-Tanz, mit dem man zum Widerstand gegen die Osmanen aufrief. Ein anderer Tanz soll Mut für die Kriegsführung machen.

Griechen suchen die Verbindung zur Heimat

Der Tanzunterricht mutiert hier zum gelebten Geschichtsunterricht. Auffällig sei der Anstieg der Anmeldungen der kleinen Tanzgruppe in den letzten Jahren. Georgios Venakis, Präsident der Vereinigung der Kreter in der Schweiz, führt es auf die Krise in Griechenland zurück: «Viele Griechen möchten jetzt Tanzen lernen, da sie sich in der Heimat nicht damit befasst haben.»

Durch das Tanzen entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl, welches sogar Mischlingskinder aus verschiedensten Nationen Afrikas vereint: Der Volkstanz dient als Orientierung, als Identitätsstiftung.

Die Tanzgruppe als zweite Familie

Café au Lait sei nicht nur eine Tanz- oder Singgruppe, sondern wie eine zweite Familie, erzählen Teilnehmerinnen im Training. Dies kann die Leiterin Françoise Strassburg nur bestätigen: «Bei Café au Lait geben wir auch die afrikanische Kultur weiter, die Werte einer Familie.»

Volkstanz grenzt ein und nicht aus. In beiden Vereinen sind die Tänze regional und nicht national verwurzelt. Françoise Strassburg und Georgios Venakis sind offen für jeden, der tanzen möchte. Vor allem für Leute die «gstabig» sind, könne der Tanz helfen loszulassen, so Venakis. «In allen Kulturen ist Tanzen ein Ausdruck der Lebensart.»

Sendung: Kulturplatz, SRF 1, 10.5.2017, 22:25 Uhr.

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