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Erfindung des Buchdrucks Katechismen und Kirchenlieder – Medienrevolution der Reformation

Neue Medien machten in der Reformation einen Gesellschaftsumbruch möglich. Dank des Drucks von Bibeln, Flugblättern, Katechismen und Karikaturen konnte Wissen schneller verbreitet werden. Eine Ausstellung zeigt Zeugnisse der Vernetzung im 16. Jahrhundert.

Das wichtigste in Kürze

  • Die Landesbibliothek Karlsruhe stellt Druckerzeugnisse der Reformation aus.
  • Die gezeigten Bücher markieren die wichtigsten Etappen der Reformation im 16. Jahrhundert.
  • In der Reformation herrschte eine grosse Nachfrage nach Bibelübersetzungen auf Deutsch und knappen Erklärschriften, die jeder Laie verstehen konnte.

Die wichtigsten Etappen der Reformation

Diese These ist nicht neu: Die Reformation hätte es ohne das damals neue Medium Buch nicht oder nicht so gegeben. Aber das Umgekehrte gilt genauso: Ohne Reformation wäre auch das Medium Buchdruck nicht so erfolgreich geworden.

Darstellung einer Stadt in Hintergrund, vorne ein Mann der mit einer riesigen Feder auf eine Türe schreibt.
Legende: Prophetischer Traum des Kurfürsten Friedrich III. (der Weise) von Sachsen, 1717. Karlsruhe, Landeskirchliche Bibliothek, U 205, S. 154a

Auch das erzählt Kuratorin Annika Stello in ihrer kleinen, aber höchst wertvollen Ausstellung in der Landesbibliothek Karlsruhe. «Die Macht des Wortes. Reformation und Medienwandel» – so der Titel von Ausstellung und Katalog.

Die gezeigten Bücher markieren gleichsam die wichtigsten Etappen der Reformation im 16. Jahrhundert.

Gutenberg als Trendsetter

Denn diese Druckerzeugnisse spielten in der Reformation tragende Rollen: angefangen beim griechischen Neuen Testament von Erasmus, gedruckt 1516 in Basel.

Ausstellungshinweis

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Die Originaldrucke aus dem 16. Jahrhundert bleiben noch bis Mitte Februar in der Landesbibliothek Karlsruhe ausgestellt.

Basel taucht als Druckort gleich mehrfach auf, ebenso Strassburg, Pforzheim, Haganau und natürlich Mainz. Dort war der Drucker Johannes Gutenberg an seiner Entwicklung beweglicher Lettern zunächst Bankrott gegangen. Heute sind Gutenberg-Bibeln unbezahlbar.

Mit Druckereien liess sich plötzlich Geld verdienen

Mit der Reformation im 16. Jahrhundert rentierte das Drucker-Geschäft endlich. Der Markt schien unersättlich nach Bibelübersetzungen auf Deutsch oder auch knappen Erklärschriften, die jeder Laie verstehen konnte.

Buchhinweis

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Annika Stello und Udo Wennemuth (Hg.), «Die Macht des Wortes. Reformation und Medienwandel». Schnell & Steiner, 2016.

Eine neue Käuferschicht war auch entstanden: reiche, gebildete Bürgersleut. Sie konnten zwar meist kein Latein, wollten aber auch endlich wissen, was wirklich drin steht in der Bibel, und zwar auf «Teutsch».

Die verdeutschten Bibeln, wie sie die badische Landesbibliothek nun zeigt, sind bei weitem nicht das einzige neue Medium, das die Reformation stark machte.

Luthers Thesenanschlag nur ein Erfolg dank Druck

Der berühmte Thesenanschlag Luthers zu Wittenberg etwa: Von ihm hätte die Welt wohl nie erfahren, wenn Luthers Rom-kritische Thesen nicht gleichentags schon in Druck und Umlauf gekommen wären.

Später wurden Flugschriften auch zu Broschüren zusammengestellt. Auch von diesen Objekten bewahrt Karlsruhe schöne Exemplare.

Lesenlernen, ein Anliegen der Reformatoren

Flugschriften wurden öffentlich auf Marktplätzen verlesen. Die Mehrheit der Menschen konnte ja nach wie vor nicht selber lesen.

Das Lesenlernen wurde darum ein grosses Anliegen der Reformatoren, besonders von Philipp Melanchthon. Ihn nannte man später auch «Praeceptor Germaniae», Lehrer Deutschlands.

Neue Medien: Katechismen, Karikaturen und Kirchenlieder

Aufgeschlagenes Gesangbuch: rechte Seite ein Bild einer Frau und eines Mannes mit Baby, linke Seite Noten mit Text.
Legende: Christi Geburt im sog. Babstschen Gesangbuch (aus: Geystliche Lieder. Leipzig: Valentin Babst, 1545) Karlsruhe, Landeskirchliche Bibliothek, K 3069

Die Reformation kreierte neben Bibeln, Flugblättern, Katechismen und Karikaturen noch weitere volksnahe Medien, etwa das Medium Kirchenlied.

Der Gemeindegesang wurde immens wichtig in den reformierten Gottesdiensten. Alle Menschen konnten so mitwirken am Gottesdienst.

Deutschsprachige Kirchenlieder unterwiesen die Menschen gleichzeitig auch in Glaubens- und Bibelwissen. Singen stärkte zudem ihr Gemeinschaftsgefühl, erklärt Kuratorin Annika Stello anhand der frühen Gesangbücher in ihrer Ausstellung.

Verstehen, was man singt

Jeder und jede sollte die befreiende Botschaft vom Evangelium verstehen. Dazu verhalfen diese neuen Medien vor 500 Jahren. Reformation und Medienrevolution bedingten einander. Der fundamentale Gesellschaftsumbruch, der mit der Reformation kam, ging also Hand in Hand mit neuen Medien.

Unweigerlich kommt so man am Schluss der Karlsruher Ausstellung von Badischer Landesbibliothek und Landeskirche ins Grübeln über unseren Medienwandel heute: Welche Gesellschaftsumwälzungen wird der wohl noch zeitigen?

Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 29.11. 2016, 12:10 Uhr.

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