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Wahlen in Frankreich Macron redet Klartext – aber ohne Populismus

Er hat eine Bewegung hinter sich und eine Überzeugung: Emmanuel Macron, Kandidat für die Präsidentschaft in Frankreich. Und er ist der einzige, dem zugetraut wird, die Rechtspopulistin Marine Le Pen zu stoppen.

  • Emmanuel Macron ist der Hoffnungsträger all jener, die das Vertrauen in die alten Parteien verloren haben.
  • Er bringt Marine Le Pen in die Bredouille, indem er Klartext spricht wie sie, nur eben mit anderen Werten.
  • Er plädiert für ein weltoffenes, modernes Frankreich, das auf zwei Pfeilern fussen soll: auf Bildung und auf Verdienst.

Letzten Sommer in Paris: Auf der Place de la République, am Sonntagabend, waren sie alle gekommen, die Anhängerinnen und Anhänger von «Nuit debout». Ein paar hundert Leute, die unter Zelten, die hinter bunten Ständen voller handgemalter Plakate, die unter freiem Himmel diskutierten. Über den grassierenden Rassismus, über neue Formen demokratischer Teilhabe, über die notwendige Reform der Bildung.

Platz voller Menschen, sitzend, Zelte links, ein Redner in der Mitte
Legende: Die Bewegung «Nuit debout» am 1. April 2016 in Paris. Keystone

Kleine Gruppen, bunt gemischt, da ein graulockiger Herr mit randloser Brille in eine Diskussion vertieft mit einer Afrofranzösin mit Rastalocken, junge Menschen mit Käppi, Hipster auch. Die lokale, improvisierte Radiostation hiess «Radio Debout». Aber die Stadt rundherum, sie ging ihren normalen, immer hektischen Gang. Letzte Einkäufe, die Bistrots, die sich füllten, der Verkehr.

Die Lage der Grande Nation

Ein grosser Platz voller debattierender Menschen, rundherum Alltag, hier tiefsinnige Diskussionen, da achselzuckende Normalität – besser liesse sich die Lage der Grande Nation nicht beschreiben. Es gibt keinen Konnex zwischen den realen, den tiefsitzenden Problemen und der Ebene des Politischen. Die politische Klasse Frankreichs ist so abgekapselt vom Rest des Landes, wie letzten Sommer die aktivistischen Menschen von «Nuit Debout» unter ihren Ständen und Zelten auf der Place de la République.

Eine Stimme erheben

Einzig eine schien bisher die Menschen zu erreichen mit ihrer Botschaft: die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie konnte mit der Forderung nach dem Ausstieg aus der EU, mit einer rassistischen Migrationspolitik und mit einem krausen Wirtschaftsprogramm jene schlummernden, verdrängten Instinkte der Franzosen wecken.

Gefühle, die dumpf an eine glorreiche koloniale Geschichte Grande Nation appellieren, zugleich eine provinzielle, miefige, aber heimelige französische Kleinstadt der 50er Jahre heraufbeschwören. Mit diesem rechtspopulistischen, ebenso einfachen wie vernichtenden Programm schaffte es Marine Le Pen an die Spitze der Meinungsumfragen.

Emmanuel Macron

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Emmanuel Macron gewann als Sechzehnjähriger einen Wettbewerb in französischer Sprache, spielte bereits damals ausgezeichnet Klavier, studierte später Philosophie und besuchte eine Verwaltungshochschule.

Er war Mitglied eines Think Tanks, arbeitete als Investmentbanker und wurde unter Francois Hollande Wirtschaftsminister.

Aufruf zu einem modernen Frankreich

Aber es gibt einen Hoffnungsträger, der wie ein Komet über dem Himmel der Île de France aufstieg. Einer, der mit einem Mal valabel wurde, nachdem sich die Rechte mit François Fillon einen Skandal einhandelte, und die Linke auf den Utopisten Benoît Hamon setzte: Emmanuel Macron.

Er erhebt die Stimme im Namen der Werte Frankreichs und Europas. Er will ein demokratisches Europa, ein Europa, das er im Januar bei einem Vortrag an der Humboldt-Universität in Berlin so umriss: Eine klare Sicherheitspolitik, eine gemeinsame Handelspolitik, einen funktionierenden Euro, die Nachhaltigkeit und die digitale Revolution.

In Lyon, im Sportpalast und vor achttausend Anhängern, rief er zu einem weltoffenen, modernen Frankreich auf, eines, das auf zwei Pfeilern fussen soll: auf Bildung und auf Verdienst.

Mit seiner Botschaft, dass sich Arbeit, Engagement, Fleiss wieder lohnen soll, bedient er sowohl die liberale Mitte wie auch die breite Schicht der Angestellten und Industriearbeiter, die vom sozialistischen Präsidenten François Hollande im Stich gelassen fühlt. Er ist der Hoffnungsträger all jener, die das Vertrauen in die alten Parteien längst verloren haben.

Beiträge zu Emmanuel Macron

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Angefeindet, bedroht

Natürlich wird Macron angefeindet. Der ehemalige Finanzminister unter Hollande ist verheiratet mit seiner ehemaligen Lehrerin und ein unkonventioneller, gebildeter Denker.

«Der Sonnyboy liest Goethe» titelte die FAZ. Er ist bereits die Zielscheibe russischer Trolle. Man wirft ihm Homosexualität vor und Verachtung für die Franzosen, die in Algerien gekämpft haben. Und noch vieles mehr.

Emmanuel Macron aber bleibt vorderhand unbeirrbar und bringt Marine Le Pen in die Bredouille. Indem er ebenso Klartext spricht wie sie, nur eben mit anderen Werten. Indem er die Menschen bewegt, nur eben in eine andere Richtung. On verra bien.

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