Sie waren an vielen Schauplätzen des kreativen Widerstands: unter anderem in den USA, der arabischen Welt, in der Ukraine. Was hatten all die Proteste gemeinsam?
Arman Riahi: Es gab keinen Führer. Die Gemeinschaft spielte eine grosse Rolle: Alle redeten über alles und es ging darum, sich wieder um einander zu kümmern. Eine unserer Protagonisten aus Spanien hat das sehr schön beschrieben. Sie hat gesagt: «Früher hat man demonstriert und war dabei eigentlich einsam. Jetzt reden die Menschen miteinander, umarmen sich, fragen, ob man Wasser will.»
Humor spielte auch eine grosse Rolle. Alle Bewegungen waren der Auffassung, dass Humor die Überwindung der Angst ermöglicht. Dass Optimismus und eine gute Stimmung dabei helfen.
Sie haben die Bewegungen über einen längeren Zeitraum begleitet. Hat sich die Stimmung verändert?
Arash Riahi: Natürlich. Am Anfang herrscht in solchen Bewegungen Enthusiasmus vor. Dann beginnt die harte Arbeit. Es gibt keine einfachen, schnellen Lösungen. Es ist ein Irrglaube, dass man Proteste als gescheitert ansieht, nur, weil sie nicht direkt zu einem Ziel geführt haben.
Nur weil der arabische Frühling noch nicht dazu geführt hat, dass die arabischen Länder Demokratien haben, innerhalb von ein, zwei Jahren, heisst das nicht, dass das Ganze gescheitert ist. Nur weil «Occupy Wall Street» nicht das ganze System gestürzt hat – es ist ja auch absurd zu glauben, dass das möglich wäre, von einem Jahr auf das andere – heisst das nicht, dass die Bewegung sinnlos war.
Worin liegt Ihrer Meinung nach der Sinn kreativer Protestaktionen?
Arman Riahi: Diktaturen haben Angst vor gewaltlosen Aktionen. Denn die Polizei macht sich schnell lächerlich, wenn sie mit Molotow-Cocktails auf Künstler wirft. Wenn eine Million Menschen auf der Strasse gehen und Blumen in der Hand tragen – oder was auch immer – ist es schwierig, auf sie zu schiessen. Es ist nicht nur moralisch besser vertretbar, es ist auch zielführend. Nur nicht von jetzt auf gleich.
Neben dem Film haben Sie das Crossmedia-Projekt «Everyday Rebellion» gestartet, eine Plattform, auf der Sie immer wieder neue Videos posten. Ein Versuch, den Bewegungen langfristig Gehör zu verschaffen?
Arman Riahi: Wir wollten den Bewegungen nachhaltig helfen. Ein Film funktioniert in seinem Format und in seinen Grenzen. Das Internet bietet uns die Möglichkeit, das Projekt am Leben zu halten, es weiter mit Inhalten zu füttern: Wir wollten den Menschen etwas geben, von dem sie zehren und sich inspirieren lassen können – aus dem sie lernen können.
Die Rolle von Social Media wurde in Bezug auf die Protestaktionen sehr unterschiedlich bewertet. Mal hiess es, ohne Twitter und Facebook wären die Aktionen nicht möglich, dann wurde sie als «überschätzt» bezeichnet.
Arman Riahi: Die sozialen Medien sind ausserordentlich wichtig für alle Bewegungen: für die Organisation und das Verteilen und Verbreiten der Message. Nichtsdestotrotz wird das Ganze sehr überbewertet.
Nur weil die Medien und Technologien da sind und die Leute sie nutzen, heisst das nicht, dass sie eine Revolution möglich machen. Ein Protest passiert auf der Strasse oder durch Aktionen – nicht durch Klicken am Computer.
Social Login
Für die Registrierung benötigen wir zusätzliche Angaben zu Ihrer Person.
{* #socialRegistrationForm *} {* firstName *} {* lastName *} {* emailAddress *} {* displayName *} {* mobile *} {* addressCity *} {* /socialRegistrationForm *}