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Erinnern an Geschichte Sind Denkmäler noch zeitgemäss?

Der Gemeinderat der Stadt Bern will kein Denkmal für die Schweizer Freiwilligen im Spanischen Bürgerkrieg. Stattdessen soll allenfalls ein Erinnerungsort für die 800 Schweizer Kämpfer errichtet werden. Haben Denkmäler heute ihre Funktion verloren?

SRF: Oliver Martin, wir sprechen über Denkmäler im engeren Sinn, Statuen, Monumente. Sind solche Denkmäler noch zeitgemäss?

Zur Person

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Oliver Martin ist seit 2012 Sektionschef Heimatschutz- und Denkmalpflege beim Bundesamt für Kultur (BAK).

Oliver Martin: Ich denke schon. Für mich sind Denkmäler Kunstobjekte im öffentlichen Raum – zur Erinnerung an Ereignisse oder Personen. Oder allgemein gesprochen: als Anregung zur Reflexion über gesellschaftliche Phänomene.

Das ist auch heute noch zeitgemäss. Das werden keine Reiterstandbilder mehr sein, sondern andere, vielleicht auch abstraktere plastische Darstellungen oder Installationen, die einen Erinnerungsort markieren.

Für mich sind Denkmäler Kunstobjekte im öffentlichen Raum – als Anregung zur Reflexion über gesellschaftliche Phänomene.

Der Berner Gemeinderat hat gerade vorgeschlagen, statt eines Denkmals einen «Erinnerungsort» einzurichten. Ein schwammiger Begriff. Was verstehen Sie beim Bundesamt für Kultur unter einem «Erinnerungsort»?

Ein Erinnerungsort ist da, wo sich ein Teil der Gesellschaft an vergangene Zeiten, Verhältnisse, an die Geschichte einer Stadt erinnert. Um das zu erleichtern wird häufig eine Tafel, eine Skulptur installiert. Aber letztlich ist jeder öffentliche Platz in einer historischen Umgebung ein solcher Erinnerungsort.

Bei manchen Denkmälern hat man den Eindruck, die waren schon immer da und gehören fast zum Inventar eines Platzes. Die tatsächliche Bedeutung eines solchen Denkmals wird kaum thematisiert.

Das ist aber nicht das Problem des Denkmals, sondern der Vermittlung. Denkmäler sind sprechende Zeugen, sind Illustrationen der Geschichte. Ich glaube, dass die Bevölkerung durchaus interessiert ist, zu erfahren, wer oder was da dargestellt ist. Und wie dieses Denkmal dahin gekommen ist.

Denkmäler sind sprechende Zeugen, sind Illustrationen der Geschichte.

Denkmäler wurden immer wieder verschoben wegen neuen städtebaulichen Projekten. Das gehört dazu, das zu erklären. Ereignisse, die die heutige Stadtform geprägt haben. Das ist Aufgabe der Vermittlung. Da reicht wahrscheinlich nicht ein Schild: ‹Das ist Adrian von Bubenberg.› und Punkt.

Sondern?

Da müsste stehen, was Adrian von Bubenberg für diese Stadt geleistet hat, wer der Künstler ist, der das Denkmal schuf, woher die Idee kam, zu welcher Zeit, wieso es hier steht, wo es früher war und weshalb es hierher gekommen ist.

Wen sehen Sie da in der Pflicht?

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Das ist eine Aufgabe der Kulturerbeerhaltung. Die Branche nimmt diese Aufgabe auch wahr. 2018 werden wir das europäische Jahr des Denkmals haben, wo solche Fragen oben auf der Liste stehen werden.

Die Geschichte bleibt nicht stehen, es kommen neue Helden. Wie sieht für Sie das Denkmal des 21. Jahrhunderts aus?

Für mich ist es ein Kunstwerk im öffentlichen Raum, das zur Reflexion über ein Ereignis, ein Phänomen anregt. Über eine Strömung, die der heutigen Gesellschaft wichtig erscheint.

Das muss keine plastisch-bildhafte Darstellung sein. Das kann auch eine Installation sein, die erklärt werden muss und sich vielleicht auch erst auf den zweiten Blick erschliesst.

Das Gespräch führte Barbara Peter.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 17. März 2017, 17:10 Uhr.

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