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Märchenhaft Zum Teufel mit dem Besen: Besuch bei einer modernen Hexe

Wicca Meier Spring betreibt das erste und einzige Hexenmuseum der Schweiz. Ein Besuch vor Ort zeigt: Mit Klischees wie Teufelspakt und Besen hat die moderne Hexe nichts am Hut. Die Hexe von heute, sie verfügt über ein riesiges Wissen.

Nach Auenstein, Kanton Aargau, reist man besser mit dem Auto als auf dem Besen. Das Hexenmuseum liegt an einer Landstrasse hinter einem Kräutergarten mit Biotop versteckt. Seine 48-jährige Besitzerin bezeichnet sich als Wicca – als moderne Hexe. Zeit ihres Lebens hat sie sich mit dem Wissen um das Magische beschäftigt. «Ich mag es, wenn man mich unterschätzt», sagt die bodenständige Frau, an der so gar nichts dran ist vom Hexenklischee.

In ihrem Museum finden sich Gegenstände aus mehreren Jahrhunderten Kulturgeschichte auf über 200 Quadratmetern verteilt. Tarotkarten und Heilkräuter, Zauberstäbe aus verschiedenen Hölzern, Kornmasken und römische Fluchtafeln, also Täfelchen aus Blei. Mit einem eingeritzten Fluch und einem Nagel durchbohrt warfen die alten Römer sie zwecks Vergiftung in einen Brunnen oder eine Quelle. Ob man anderen schaden oder sich selbst schützen wollte – zu allen Zeiten hat der Mensch seine Wünsche auf ausgesprochen kreative Weise dingfest gemacht.

Das mächtige Wissen der Wicca

In Vitrinen und auf Hörstationen hat Wicca Meier, die ihren alten Vornamen zugunsten von Wicca abgelegt hat, das umfangreiche Material thematisch gegliedert. Zu jedem Exponat kennt sie den historischen Hintergrund. Sie hat sie gesammelt oder von Museen als Leihgaben erhalten. Wicca Meiers Wissen ist enorm und sie ruft es so locker ab, als würde sie ein Märchen erzählen. Das Gegenteil ist der Fall.

Hier geht es nicht um okkulten Humbug und auch nicht um den Pakt mit dem Teufel. Im historischen, von der Kirche geprägten Wortgebrauch war eine Hexe jemand, der seine Seele dem Teufel verkauft hatte. Darauf fusst auch die historische Hexenverfolgung, der keineswegs nur Frauen sondern auch Männer zum Opfer fielen.

Wicca Meier zählt sich zu den Vertreterinnen der modernen Hexen. Der Wiccakult kommt aus dem Angelsächsischen und versteht sich als eigenes Glaubens- und Wertesystem. Ob es sich um eine Naturreligion oder ein Konzept der Spiritualität und Transzendenz handelt, darüber scheiden sich die Geister. Wicca Meier jedenfalls betreibt keine Mission, sondern geht den jahrhundertealten Überlieferungen und Traditionen rund um das Hexen auf den Grund.

Weihnachtskugeln oder Witchballs?

Das Unaussprechliche, Rätselhafte und Bedrohliche des Lebens zu bannen, diesem Wunsch ist der Mensch seit jeher gefolgt. Mit einem für heilig erklärten Werkzugkasten aus Amuletten, Talismanen, Orakelsprüchen und Ritualen hat man sich Schutz vor Unheil oder Krankheit erbeten. Gegenstände wurden mit Bedeutung aufgeladen, welchen man eine entsprechende Wirkung zuschrieb.

Wer heute Weihnachtskugeln an der Christbaum hängt, ist sich kaum bewusst, dass diese «Witchballs» früher in die Fenster gehängt wurden mit dem Zweck, die bösen Dezembergeister fernzuhalten. Diese Kugeln waren meist aus rotem Glas und mit Salz gefüllt, einem weiteren, wichtigen Schutzmittel gegen das Böse.

Die Hexe bleibt eine ambivalente Figur

«Es kommt bei allem, was man tut, auf die Absicht an», erklärt Wicca Meier. Ein Heilkraut könne in bestimmter Dosierung zum tödlichen Gift werden. Die Traditionen dessen, was im Begriff «Hexe» verkürzt zusammengefasst wird, stehen also für die Dualität des menschlichen Lebens. Vereinfacht gesagt gibt es ohne Tod kein Leben, ohne Schatten kein Licht.

Die Hexe sei nach wie vor eine ambivalente Figur, sagt Wicca Meier. Positiv wird der Begriff kaum besetzt. Umso erfrischender ist Wicca Meiers Art, alles, was hinter dem Begriff steckt, zu thematisieren. Sie selbst wirkt nicht verklärt und nicht fanatisch. Sie ist einfach nur sehr bei sich selbst. Und hat ein Wissen, um das man sie schlicht beneiden könnte.

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