Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Komponist der Turntables «Mr. Nonclassical» Gabriel Prokofiev mischt die Klassikszene auf

Gabriel Prokofiev trägt den berühmten Namen seines Grossvaters Sergej. Als Komponist geht er seinen eigenen Weg – und der ist eigenwillig.

  • Gabriel Prokofiev ist der Enkel des berühmten Sergej Prokofiev – musikalisch verbindet die beiden Komponisten aber nur das Genre «Klassik».
  • Prokofiev ist DJ, Produzent und erntet als Komponist von eigenwilligen Klassikwerken viel Applaus.
  • Dank Abstechern in die Hiphop- und Electronikszene treffen in seinen Kompositionen Turntables auf Orchester und elektronische Klänge auf klassische Instrumente.

Klassische Laufbahn mit Abstecher

Er trägt den Namen eines grossen Komponisten, seines Grossvaters Sergej Prokofiev, den er aber nicht mehr kannte. Vielleicht musste er deshalb einen ungewöhnlichen Weg gehen: Gabriel Prokofiev, der 41 Jahre alte englische Komponist, Produzent und DJ.

Nach dem Studium an der Musikhochschule wandte er sich erst einmal von der Klassik ab, machte Garage Music, produzierte Dance und Hiphop und war mit seinem Laptop unterwegs. Aber dann, um 2003, kehrte er doch zur Klassik zurück, weil er die klassischen Instrumente so liebt.

Audio
So klingt Prokofiev Jr.: Ausschnitt aus 2. Konzert für Turntable & Orchester
aus Musik unserer Zeit vom 18.01.2017. Bild: Flickr/Stelza Academy
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 7 Sekunden.

Prokofiev scracht

Ein erstes Streichquartett entstand, Klaviermusik, Musik für Ballett und Film – und bald auch Orchesterwerke. Heute eilt er erfolgreich von Uraufführung zu Uraufführung.

Seine unterschiedlichen Erfahrungen färbten jedoch auf höchst kreative Weise ab, in den modernen, oft tänzerischen Rhythmen, seiner Freude an den Klangfarben und in einem ungewöhnlichen Instrumentarium: 2006 nämlich komponierte er ein erstes Konzert für Turntable und Orchester – und natürlich erregte er damit sofort Aufsehen. Ein Prokofiev mit Scratch-Noises!

Virtuose am Mischpult

Gabriel Prokofiev freilich ging behutsam an diese Aufgabe heran. Nein, sagte er sich, ich schreibe kein Stück mit der Attitüde: «Wow! Schaut alle her, wie cool das ist: ein Mix von Hiphop und Klassik.»

Stattdessen besuchte er Turntable-Contests, hörte sich um und entdeckte eine völlig neue Welt: Er begegnete virtuosen Musikern, die auf unermüdliche Weise an ihrer Technik feilen und dabei ständig neue Spieltechniken entwickeln – und er merkte, wie ausdrucksstark und vielfältig die Turntables gespielt werden können.

Mittlerweile hat er schon zwei höchst abwechslungsreiche und lebendige Turntables-Konzerte sowie eines für Trompete, Perkussion, Turntables und Orchester komponiert.

Nichts als originale Orchesterklänge

Wichtig dabei ist ihm aber, nicht einfach einen Technobass über den Orchestersound zu legen: «Das ergibt garantiert Kitsch.» Er wollte eine innere Verbindung zwischen dem schaffen, was der Turntablist und was das Orchester spielt. Das bedeutet: Der Solist verwendet nur Orchesterklänge und verarbeitet sie weiter.

Das ist eine Ästhetik, die Gabriel Prokofiev auch in seinen eigenen Stücken verwendet, etwa in einem spektakulären Remix von Beethovens Neunter Symphonie. Oder auch bei «Nonclassical», einem von ihm gegründeten Londoner Konzertclub und Musiklabel mit eigener CD-Reihe, wo klassische Musik auf unkonventionelle Weise präsentiert wird.

Dort lädt er regelmässig Musiker, auch solche aus der Electronica- und Dance-Musik ein, zeitgenössische Stücke zu remixen – und auch dort legt er Wert darauf, dass sie nur originales Klangmaterial verwenden.

Unterricht beim Grossvater

Und wenn nun plötzlich sein Grossvater hereinkäme, was würde er ihn fragen? «Zum einen wüsste ich gern mehr aus seinem Leben: Wie lief sein persönlicher Alltag ab, etwa mit seiner Familie? Zum anderen würde ich ihm meine Kompositionen zeigen und ihn bitten, mich zu unterrichten. Ich bin sicher, er wäre sehr streng, aber er würde mir einige sehr wertvolle Hinweise geben – und Ideen, was in der Musik wichtig ist und wodurch ihre Magie entsteht.»

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Musik unserer Zeit, 19.1.2017, 20 Uhr

Meistgelesene Artikel