Das Wichtigste in Kürze
- Ein Gammelfleischskandal erschüttert Brasilien, den grössten Fleischexporteur der Welt.
- Bisher wurden im Zuge der Operation «Carne Fraca» («Schlechtes Fleisch») rund 20 Personen festgenommen.
- Sie sollen den Verkauf grosser Mengen Gammelfleisch, das mit noch haltbarem Fleisch vermischt wurde, organisiert haben.
- Die Regierung betont, von den insgesamt über 4800 Fleischproduktionsstätten im Land stünden nur 21 unter Verdacht.
Abgelaufenes und vergammeltes Fleisch wurde umetikettiert, altes und neues Fleisch vermischt, abgelaufene Waren hat man auch mit chemischen Substanzen behandelt, damit sie frischer aussehen. «Dass diese Substanzen eventuell auch gesundheitsschädigend sind, hat niemanden interessiert», sagt Ivo Maruschik, Korrespondent in Buenos Aires.
Dass diese Substanzen eventuell auch gesundheitsschädigend sind, hat niemanden interessiert.
Noch ist nicht bekannt, wie viel Gammelfleisch in Umlauf gekommen und allenfalls auch exportiert worden ist. Klar ist laut Maruschik aber, dass einige der grössten Fleischfirmen der Welt betroffen sind, unter anderen mehrere Verarbeitungsbetriebe von JBS, dem weltgrössten Fleischproduzenten.
Im Zuge der Untersuchungen sind bisher drei Betriebe geschlossen worden und 21 stehen unter Beobachtung. «Auch wenn noch keine genauen Zahlen bekannt sind, kann man davon ausgehen, dass solche unappetitlichen Praktiken in Brasilien anscheinend gang und gäbe waren», schätzt Maruschik.
Einschätzung von Ivo Maruschik, ARD-Korrespondent in Buenos Aires
Die brasilianische Regierung versucht jetzt, die Wogen zu glätten, denn es hat am Wochenende besorgte Nachfragen vor allem aus Washington und Brüssel gegeben. Wenn die USA oder die EU nun Exportbeschränkungen erlassen würden, wäre das ein grösseres Problem für Brasilien. Deshalb beeilt sich die Regierung nun, zu versichern, es seien nur punktuelle, und keine generellen Probleme. Die Aufsicht funktioniere im Prinzip. Man darf da allerdings gewisse Zweifel anmelden. |
Die Regeln für die Etikettierung von Fleisch sind in Brasilien eigentlich strikt. Zu so einem Skandal kann es also nur kommen, weil die brasilianischen Behörden bei diesen grossen Betrieben offensichtlich systematisch weggeschaut haben. Damit sie das getan haben, sind wohl auch grössere Schmiergeldsummen geflossen – ansonsten wäre das nicht möglich gewesen. Die Fleischindustrie hat sich die Behörden zu Komplizen gemacht, das ist sicher. |
Auch Export betroffen?
Die Regierung betonte, es bestehe keine grössere Gefahr für die knapp 160 Importländer von Fleisch aus dem südamerikanischen Land. Von 4837 Produktionsstätten stünden nach den bisherigen Ermittlungen 21 unter Verdacht, in illegale Praktiken verwickelt zu sein. Von diesen hätten aber lediglich sechs in den vergangenen 60 Tagen Fleisch exportiert, hiess es aus Brasilia.
Die Bundespolizei war dem Skandal durch abgehörte Telefonate auf die Spur gekommen. Rund 1100 Polizisten seien an den landesweiten Ermittlungen beteiligt. Unüblich für die Regierung, veröffentlichte sie ihre Handlungspläne auch in Englisch und Spanisch. Präsident Temer soll wegen der Konsequenzen für das wichtige Exportgeschäft sehr beunruhigt sein.