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Aargauer Wirtschaft Wie steht es um den regionalen Industrie-Standort?

Industrie-Unternehmen streichen Stellen im Aargau. Gewerkschaften und Wirtschaft sehen verschiedene Gründe, haben verschiedene mögliche Lösungen.

Die Hiobs-Botschaften aus der Aargauer Wirtschaft haben sich in letzter Zeit gehäuft:

  • BL Fenster (Veltheim): konkurs, 60 Stellen weg.
  • Giroflex (Koblenz): ins Ausland verkauft, 200 Stellen auf dem Prüfstand.
  • Maschinenfabrik Lehner (Siggenthal Station): konkurs, 40 Stellen weg.
  • Rockwell (Aarau): Verlagerung der Produktion, 250 Stellen weg.

5 Fragen an einen Wirtschaftsvertreter und einen Gewerkschafter.

Frage 1: Wie schlecht geht es der Industrie?

Die Entwicklung in der Aargauer Industrie sei besorgniserregend, findet Florian Vock, Präsident des Aargauischen Gewerkschaftsbundes AGB. «Die Aargauer Industrie ist nicht überall konkurrenzfähig.»

Peter Lüscher
Legende: Peter Lüscher, Geschäftsführer der Aargauischen Industrie- und Handelskammer. zvg / AIHK

Etwas weniger dramatisch beurteilt Peter Lüscher, Geschäftsführer der Aargauer Industrie- und Handelskammer AIHK die Lage.«In der Breite sind wir gut aufgestellt. Die Umfrage unter den Unternehmen in diesem Jahr hat zum ersten Mal ergeben, dass die Industrie optimistischer in die Zukunft blickt als die Dienstleistungsunternehmen.»

Allerdings schränkt auch Lüscher ein: «Es gibt grosse Unterschiede zwischen einzelnen Branchen und Betrieben. Einige Betriebe haben in letzter Zeit auch an ihren Reserven gezehrt während der Frankenstärke. Diese Reserven fehlen nun.»

Frage 2: Was bringen internationale Konzerne?

Für Florian Vock kommt die Globalisierung als Problem dazu. Multinationale Unternehmen wie GE (ehemals Alstom), ABB oder eben Rockwell strebten nach «Gewinn-Maximierung», sagt der Gewerkschafter. Da stehe der Arbeiter nicht im Mittelpunkt des Interesses.

Peter Lüscher relativiert diese Aussagen. «Die Aargauer Industrie hat etwa 100'000 Arbeitsplätze. Davon ist nur ein Bruchteil in US-amerikanischen Händen zum Beispiel. Der grösste Teil der Unternehmen sind kleine und mittlere Unternehmen.» Die Chefs dieser Unternehmen seien sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst.

Frage 3: Wie sind die Aussichten?

«Wenn sich die Wirtschaft positiv entwickelt, vor allem in den Zielmärkten unserer Wirtschaft, dann wird sich das auch positiv auf unsere Betriebe auswirken.» Das ist die Hoffnung von Peter Lüscher. Allerdings brauche es Zeit, bis neues Personal eingestellt werde. Vorerst gibt es mehr Aufträge, die aber noch vom bestehenden Personal erledigt werden können, so Lüscher.

«Über alles gesehen zeigen die Prognosen, dass der Stellenabbau in diesem Jahr zum Stillstand kommt.» Florian Vock ist etwas weniger optimistisch. Er sieht die Innovationskraft der regionalen Industrie gefährdet. «Für eine ABB oder eine grosse Firma ist Forschung und Entwicklung kein Problem. Aber können kleinere Firmen sich entwickeln, reicht die Innovationskraft?»

Frage 4: Wie viel Staat braucht die Industrie?

Florian Vock
Legende: Florian Vock, Präsident Aargauischer Gewerkschaftsbund. SRF

Vock findet es deshalb schade, dass das Kantonsparlament die Strategie «Hightech Aargau» mit weniger Geld bestückt hat. «Investoren verpulvern ihr Geld lieber an den Kapitalmärkten, als dass sie es in die Industrie investieren.»

Peter Lüscher ist gegenüber staatlicher Einmischung grundsätzlich skeptisch. «Man darf die KMU nicht unterschätzen. Natürlich können diese keine eigenen, grossen Forschungsabteilungen unterhalten. Aber es gibt gute Angebote im Aargau, zum Beispiel an den Fachhochschulen.»

Frage 5: Wie viel Bildung brauchen die Arbeiter?

Florian Vock wünscht sich mehr Investitionen in die Weiterbildung der Mitarbeitenden. «Die Menschen, die entlassen werden, das sind nicht die hoch qualifizierten Menschen. Da einfach einen Job zu finden, wenn man vielleicht noch 58-jährig ist, das ist nicht so einfach. Da sind Staat und die Wirtschaft selber in der Pflicht.»

Auch Wirtschaftsvertreter Lüscher will die Aus- und Weiterbildung stärken. Das beginne schon in der Schule. Allerdings brauche es keine neuen Gesetze und Rahmenbedingungen. Und auch bei der Unterstützung von entlassenen Mitarbeitenden funktioniere das System, es werde viel in die Suche einer neuen Stelle investiert. «Es gab in den letzten Jahren ja keinen grossen Anstieg der Arbeitslosenzahlen».

Fazit

Peter Lüscher von der Industrie- und Handelskammer wünscht sich «attraktive Rahmenbedingungen» für die Industrie im Kanton. Gewerkschafter Florian Vock hingegen glaubt, es brauche eine «aktivere Industriepolitik».

Bildnachweis Front: Keystone

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