Seit 2004 haben 80 bernische Gemeinden den Zusammenschluss beschlossen oder vollzogen. Die Fusion von 86 weiteren Gemeinden ist gescheitert, darunter eine Reihe Grossprojekte. Eine zwiespältige Bilanz. Der bernische Fusions-Zug hat nur die Hälfte der Strecke geschafft.
Wir haben viele Fusionsprojekte in der Pipeline. Die könnten den Wind wieder entfachen.
«Der Wind ist etwas eingeschlafen», gibt Rolf Widmer zu, beim kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) zuständig für die Gemeinden. «Aber wir haben eine ganze Reihe, zum Teil komplexe Projekte in der Pipeline, die ihn wieder entfachen können.»
Im Kanton Bern entwickeln sich die Gemeindezusammenschlüsse im bernischen Tempo. Als die Kantonsregierung im Jahr 2005 das Ziel von 300 Gemeinden bis 2017 fixierte, hat sie sich beim Zeitbedarf und bei der Fusionsbereitschaft der Gemeinden klar verschätzt.
42 Gemeinden sind an der Arbeit
Tatsächlich sind zurzeit 10 Fusionsprojekte mit 42 Gemeinden in Arbeit, eine Reihe Abstimmungen sind für dieses Jahr vorgesehen. Dazu gehören Zusammenschlüsse, die im grösseren Rahmen gescheitert sind.
Der Kanton hofft, dass positive Signale auch bis zur Schlussabstimmung wirken. «Wir sind nach wie vor auf der Basis der Freiwilligkeit unterwegs. Auch wenn wir uns wünschen, dass es ein bisschen schneller geht», so Rolf Widmer.
Für den Verband der bernischen Gemeinden gibt es keinen Grund, Kriterien zu verändern oder zu verschärfen. «Wir halten an den Spielregeln fest. Freiwilligkeit ist oberstes Gebot. Und das Ziel von 300 Gemeinden ist nicht von uns», sagt Daniel Bichsel, VBG-Präsident und Gemeindepräsident von Zollikofen.
Fraubrunnen: Vision und Wirklichkeit
Seit drei Jahren sind nun Fraubrunnen und sieben kleine Nachbargemeinden unter einem Dach. Die sogenannte G8-Fusion ist die grösste Gemeindefusion, die gelungen ist. Zurück will niemand – aber es ist nicht alles Gold, was vor dem Zusammenschluss geglänzt hat.
Eine Fusion ist aufwändiger, als wir erwartet haben.
Zu Kostenersparnis und Personalabbau ist es vorerst nicht gekommen. Die Bevölkerung nimmt längere Wege in Kauf, auch wenn die Gemeindeverwaltung auf drei Standorte verteilt ist. Und: Mehr Professionalität bei der Verwaltung heisst auch mehr Formulare und Verfahren. Früher sei es zuweilen etwas einfacher gewesen, sagt Hans Berger, ein ehemaliger Gemeinderat von Büren zum Hof.
Die Wissenschaft hat Vorbehalte
Dass tiefere Kosten und der Gewinn an Synergie und Effizienz eine Illusion sind, belegen die Universitäten St. Gallen und Luzern mit einer neuen Untersuchung, die Ende 2016 publiziert wurde.
Der Freiburger Ökonomie-Professor Reiner Eichenberger, seit Jahren ein Fusions-Skeptiker, sieht sich bestätigt: «Man muss endlich die Fakten zur Kenntnis nehmen. Eine Fusion macht eine Gemeinde nicht besser und nicht billiger.» Zudem seien die enormen Kosten von Fusionen zu berücksichtigen.
Fusionen sparen kein Geld und machen die Politik nicht besser. Man sollte das zur Kenntnis nehmen.
Neuer Anlauf in Freiburg
Um Gemeinden wirklich zu stärken, bräuchten sie viel mehr Autonomie vom Kanton und sie bräuchten die Kontrolle und die Kreativität einer gemeindeeigenen Geschäftsprüfungskommission. Und sie bräuchten kompetente Gemeinderatsmitglieder.
«Da gibt es nur eines: Der Markt und der Austausch fähiger Politiker. Das heisst, dass ein Gemeindepräsident zum Beispiel nicht nur Chef in einer Gemeinde sein kann und er auch nicht unbedingt in der Gemeinde wohnen muss.»
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