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Pensionskassen: Vermehrt Vorbehalte bei Versicherten
Aus Espresso vom 03.11.2016. Bild: Colourbox
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Geld Pensionskassen: Vermehrt Vorbehalte bei Versicherten

Wer einen neuen Job antritt, wechselt meist auch die Pensionskasse. Viele Pensionskassen durchleuchten seit einiger Zeit die neuen Versicherten genauer und schliessen bei gesundheitlichen Problemen gewisse Leistungen aus. Zum Nachteil der Versicherten.

Bei der Pensionskasse gibt es eine sogenannte Zweiklassen-Gesellschaft. Es gibt das gesetzliche Minimum und das Überobligatorium. Im Überobligatorium sind jene Leistungen enthalten, welche über das gesetzlich vorgeschriebene Minimum hinausgehen. Dabei dürfen die Pensionskassen bei neuen Versicherten eine Gesundheitsprüfung durchführen. Die Versicherten müssen dazu einen Fragebogen ausfüllen.

Vor allem junge Leute im Visier

Häufige Fragen sind beispielsweise: «Sind Sie derzeit in ärztlicher und/oder psychotherapeutischer Behandlung?» «Müssen Sie regelmässig Medikamente einnehmen und wenn ja, welche?» oder «Waren Sie in den letzten fünf Jahren vier Wochen arbeitsunfähig?» Wenn eine dieser Fragen mit Ja beantwortet wird, dann schaut die Pensionskasse genauer hin, sagt Josef Zopp von der Beratungsfirma Weibel Hess und Partner. Die Firma führt jedes Jahr einen Vergleich aller Schweizer Pensionskassen durch. Darum sei es wichtig, die Gesundheitsfragen wahrheitsgetreu auszufüllen.

Eine Umfrage des Konsumentenmagazins «Espresso» von Radio SRF 1 bei verschiedenen Pensionskassen zeigt, dass einige nur zeitlich beschränkt nachfragen, andere wiederum stellen uneingeschränkte Gesundheitsfragen. Aber auch die Versicherungssumme und die Lohnhöhe habe einen Einfluss, sagt Ueli Kieser, Professor für Sozialversicherungsrecht an der Uni St. Gallen: «Am genausten werden junge Leute mit hohen Löhnen unter die Lupe genommen.»

Wegen der steigenden Invaliditätszahlen wollen die Pensionskassen mit detaillierten Gesundheitsfragen mögliche Risiken ausschliessen. Sie wollen immer genauer wissen, welche gesundheitlichen Risiken ihre Versicherten aufweisen, sagt Anwalt Ueli Kieser: «Für die Arbeitnehmer ist das natürlich verheerend. Sie müssen für etwas geradestehen, das Jahrzehnte zurückliegt.» Besonders für psychische Krankheiten interessierten sich die Pensionskassen, weil diese Fälle sehr teuer seien. «Wenn ein junger Arbeitnehmer wegen einer Depression nicht mehr arbeiten kann, dann bezahlt die Pensionskasse 30 bis 40 Jahre lang eine IV-Rente.»

Krankheiten verschweigen ist gefährlich

Ärztliche Behandlungen beim Fragebogen verschweigen sei aber keine Lösung, sagt Josef Zopp: «In diesem Fall begeht der Versicherte eine Anzeigepflichtverletzung und die Versicherung kann die Leistungen aufs Minium kürzen.» Das kann zu schmerzlichen Einbussen führen. Darum der Experten-Rat: Den Fragebogen sehr sorgfältig ausfüllen und auf die Fragen ehrlich antworten.

Wenn die Pensionskasse einen Vorbehalt erhebt, dann sei es wichtig, dass dieser sachlich und möglichst konkret abgefasst sei, sagt Ueli Kieser: «Eine Pensionskasse darf nicht einfach alle psychischen Störungen ausschliessen, sondern der Vorbehalt muss sich ganz konkret auf Depressionen beziehen.» Gleiches gelte auch für Vorbehalte die den Rücken betreffen.

Wenn man einen Vorbehalt «kassiert», dann bleibt dieser maximal fünf Jahre bestehen. Nach dieser Zeit muss die Pensionskasse den Betroffenen wieder vollumfassend versichern.

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