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Alles was Recht ist! Inkassobüro muss Mahnungen gegen demente Seniorin stornieren

Am Telefon lässt sich eine 81-jährige Frau ein Mittel aus Grünlippmuscheln gegen Gelenkschmerzen aufschwatzen. Die demenzkranke Frau bekommt monatelang Tabletten, Rechnungen und Mahnungen. Erst als sich «Espresso» einschaltet, hört der Spuk auf.

Der Fall: Bestellung entpuppt sich als Kur

«Alles, was Recht ist!»

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Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner berichtet über Fälle, bei denen Ratsuchende zu ihrem Recht gekommen sind. Zum Dossier

Hedi M. leidet seit vielen Jahren an starken Hüftschmerzen. Sie schluckt Schmerzmittel, lässt sich operieren. Nichts hilft. Im Juli 2012 klingelt das Telefon. Die Anruferin schwärmt Hedi M. von einem Produkt aus Grünlippmuscheln vor. Das Mittel bewirke wahre Wunder. Die verzweifelte Frau schöpft Hoffnung und bestellt eine Packung.

Doch bei einer Lieferung bleibt es nicht. Hedi M. bekommt monatlich Tabletten zugeschickt. Sie habe eine Kur bestellt, sagt man der Tochter beim Kundendienst. Die betagte Frau ist überfordert. Bald findet sie Mahnungen und Betreibungsandrohungen im Briefkasten.

Ihre Tochter wendet sich an «Espresso». Die Mutter sei schwer krank und leicht dement. Werde sie angerufen, könne sie sich kurze Zeit später nicht mehr daran erinnern.

Bei Haustürgeschäften gilt ein Widerrufsrecht

Wann gilt das Widerrufsrecht?

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Der Kunde kann einen Vertrag widerrufen, wenn wenn ihm das Angebot in seiner Wohnung oder an seinem Arbeitsplatz gemacht wurde, in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf öffentlichen Strassen und Plätzen oder an einer Werbeveranstaltung.

Das Widerrufsrecht gilt ab Käufen über 100 Franken, nicht aber, wenn der Kunde die Verhandlungen gewünscht hat.

Um Verträge rechtsgültig abschliessen zu können, muss man volljährig und urteilsfähig sein. Wer aufgrund von starken Medikamenten oder einer Krankheit in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt ist, gilt rechtlich nicht als urteilsfähig. Willigt eine nicht urteilsfähige Person in einen Vertrag ein, ist dieser nicht gültig.

Zudem: Bei so genannten Haustürgeschäften haben Kunden während sieben Tagen Zeit, den Vertrag zu widerrufen. Auf dieses Recht muss ein Verkäufer hinweisen. Tut er es nicht, können Kunden den Vertrag auch nach Ablauf der Frist widerrufen.

Die Lösung: Ein Arztzeugnis schafft Klarheit

Das Verkaufsgespräch liegt «Espresso» vor. Die Kundin wird nicht auf das Widerrufsrecht hingewiesen. Zudem wirkt Hedi M. etwas durcheinander.

Der Arzt von Hedi M. bestätigt, dass die Frau zeitweise nicht urteilsfähig ist. Damit ist die Bestellung ungültig. Hedi M. kann keine Verträge abschliessen.

«Espresso» interveniert beim Inkassobüro. Und erreicht, dass sämtliche Rechnungen und Mahnungen storniert werden. Die Tochter von Hedi M. ist erleichtert. Die Mutter habe wegen der vielen Mahnungen nicht mehr schlafen können.

Auch gesundheitlich geht es der Dame wieder besser: Eine weitere Operation verlief erfolgreich. Die Gelenkschmerzen sind verschwunden.

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