Zum Inhalt springen

Header

Audio
Flatfox: Das fiese Geschäft mit Mietwohnungen
Aus Espresso vom 30.03.2016. Bild: Printscreen SRF
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 33 Sekunden.
Inhalt

Wohnen Flatfox: Das fiese Geschäft mit Mietwohnungen

Bei Mietwohnungen macht ein fragwürdiges Geschäftsmodell Schule. Interessenten müssen noch vor der Besichtigung angeben, wie viel sie bereit sind zu zahlen, um den Zuschlag zu erhalten. Diese «Vermittlungsprämie» sei natürlich ganz «freiwillig». Mieter- und Hauseigentümerverband sind konsterniert.

Student Reto Aebischer (Name geändert) sucht gemeinsam mit Kollegen schon länger eine Wohnung in der Stadt Zürich. Kein einfaches Unterfangen. Als er kürzlich auf einer grossen, bekannten Immobilienplattform ein vielversprechendes Inserat sieht und sich für die Besichtigung anmelden will, wird er auf die unbekannte Vermittlungsplattform Flatfox weitergeleitet.

«Was bist du bereit zu zahlen?»

Printscreen Eingabe der Prämie. «Diese Wohnung hat 30 Bewerbungen und die höchste Prämie beträgt 1300 CHF.»
Legende: Die freiwillige Prämie. Printscreen Flatfox

Zum Schluss des Anmeldeprozesses stellt Flatfox dann folgende, befremdliche Frage: «Was bist du bereit, dem Inserenten zu zahlen, wenn du die Wohnung bekommst?» Um den Druck auf die Interessenten noch zu erhöhen, schreibt Flatfox weiter: «Diese Wohnung hat 30 Bewerbungen und die höchste Prämie beträgt 1300 Franken.»

Keine Prämie – keine Wohnung?

Die Prämie sei freiwillig, heisst es – «erhöht aber deine Chancen». Erpressung pur, ärgert sich der Zürcher Student. Für ihn ist dies Geschäftemacherei auf dem Rücken verzweifelter Wohnungssuchender. «Dass da versucht wird, mit einer schwierigen Situation noch zusätzlich Geld zu machen, finde ich stossend. Denn wenn man keine Prämie auswählt, wird suggeriert, dass man sowieso keine Chance hat.»

Aus Protest haben er und seine Kollegen bewusst keine Prämie gewählt, und wenig überraschend prompt eine Absage erhalten.

Flatfox sieht kein Problem

Flatfox setzt bereits seit 2013 auf dieses Geschäftsmodell. Von der «Vermittlungsprämie» profitieren beide: Der private Inserent erhält drei Viertel, Flatfox ein Viertel der Einnahmen. Mitbegründer Mattia Regi rechtfertigt dies so: «Wir wollen möglichst viele Leute dazu animieren, ihre Wohnung nicht unter der Hand weiterzugeben, sondern öffentlich auszuschreiben.» Er sieht in diesem «Schlüsselgeld» deshalb kein moralisches Problem. Schliesslich sei die maximal zahlbare Prämie auf 75 Prozent einer Monatsmiete begrenzt, sagt Regi. Zudem zeigten die Zahlen, dass in den allermeisten Fällen gar keine Prämie fliesse.

Neu inseriert Flatfox auch auf grossem Portal

Seit zwei Monaten hat Flatfox damit begonnen, ihre Inserate auch auf einem anderen grossen Immobilienportal zu publizieren, wie Mitbegründer Mattia Regi auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» bestätigt. Künftig kommt so eine grössere Anzahl Interessenten mit dem fragwürdigen Geschäftsmodell in Kontakt.

«Skandalös», findet der Mieterverband

Für Walter Angst vom Schweizer Mieterinnen- und Mieterverband ist diese Praxis ein Skandal: «Dass da Trittbrettfahrer auf dem Buckel der Wohnungssuchenden einen Zusatzgewinn machen wollen, finden wir skandalös.» Auch der Hauseigentümerverband HEV ist alles andere als begeistert, sagt Pavlo Stathakis gegenüber «Espresso»: «Es ist nicht richtig, dass die Inserenten für das Wohnungsinserat nichts zahlen und die Kosten so quasi auf die Interessenten abschieben.»

Verbieten könne man die fragwürdige Praxis zwar nicht, so Stathakis vom HEV. Doch wer als Mieter eine solche Prämie kassiert, müsse damit rechnen, dass diese vom Eigentümer zurückgefordert werde – so zumindest sagt es die Rechtsprechung. Ob die Immobilienbesitzer allerdings je erfahren, dass mit ihrer Mietwohnung ein fragwürdiges Geschäft gemacht wurde, ist fraglich.

Meistgelesene Artikel