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Die Kraft des Mondes – Alles nur Einbildung?
Aus Puls vom 14.11.2016.
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Den Mond spüren wir auch ohne Beweis

Der Glaube an die vielfältigen Auswirkungen des Erdtrabanten hält sich hartnäckig. Wissenschaftlich belegen lassen die sich aber kaum.

Schlafstörungen, Kopfschmerzen, gereizte Arbeitskollegen, seltsame Fahrmanöver im Strassenverkehr und überhaupt: «lauter Spinner unterwegs» – dass der Vollmond spürbaren Einfluss auf uns hat, wird kaum jemand bestreiten.

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Der Mond und die Psyche: Da fliesst Energie
aus Ratgeber vom 14.11.2016. Bild: Colourbox
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Marco Cortesi, Mediensprecher der Stadtpolizei Zürich, stützt diese Annahme beispielsweise durchaus: «Bei uns würde Ihnen sicher jeder Polizist sagen, dass mehr los ist, wenn Vollmond ist. Auch wenn sich das statistisch wohl nicht belegen lässt», meinte er 2014 gegenüber SRF.

Handfest belegen lässt sich die landläufige Annahme tatsächlich nicht. Wissenschaftliche Studien zum Thema gibt es zwar viele, ihre Ergebnisse sind aber alles andere als eindeutig – und die Aussagekraft variiert erheblich.

  • Beispiel Geburten: Entweder ergaben die Studien keine erheblichen Unterschiede zu anderen Tagen, oder es wurden wesentliche Faktoren wie geplante/eingeleitete Geburten, Wochenenden oder Ferien ungenügend berücksichtigt. Bei Kühen liess sich hingegen tatsächlich ein Mondeinfluss auf die Anzahl Geburten nachweisen.
  • Beispiel Schlafstörungen: 2013 verkündete eine Schweizer Metastudie, dass ein erkennbarer Zusammenhang zwischen Mondzyklus und Schlafqualität bestehe. Im Jahr darauf nahmen sich Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München des Themas an, prüften Schlafdaten von 1265 Probanden aus 2097 Nächten – und konnten keinen statistisch belegbaren Zusammenhang finden.

Die Liste lässt sich beinahe beliebig fortsetzen. Zweifelsfrei nachweisen lässt sich der Einfluss des Mondes also – bislang – nicht. Weshalb sind wir dennoch überzeugt davon, ihn am eigenen Leib zu erfahren?

Prof. Michael Rufer, Leitender Arzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsspitals Zürich, führt die selektive Wahrnehmung ins Feld: «Viele Menschen neigen dazu, sich stärker an das zu erinnern, was der eigenen Überzeugung entspricht.» Hat man also in einer Vollmondnacht Mühe mit Einschlafen, bleibt das eher haften als die ausgebliebenen Schlafstörungen die anderen Male – selbst wenn die viel häufiger waren.

Und dann gibt es da noch das verbreitete Phänomen der sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Rufer: «Wenn ich an Schlafstörungen in Vollmondnächten glaube, werde ich die auch tatsächlich haben.» Und daran wird keine Studie der Welt etwas ändern.

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