Im Fight um den Klassenerhalt in der Weltgruppe verschwendete Teamcaptain Severin Lüthi auch einen Gedanken daran: Ob die Schweiz vielleicht nicht besser aufgehoben wäre in der zweitklassigen Europa-/Afrika-Zone abseits der Top 16?
Doch sogleich packten den 41-jährigen Verantwortlichen Sportsgeist und Ehrgeiz wieder. Deshalb ist er nun sehr stolz über den geschafften Ligaerhalt gegen Weissrussland nach 1:2-Rückstand.
Mit dem Ligaerhalt hat das Team den Teppich für die beiden Grossen ausgerollt.
Lüthis kurzzeitige Überlegungen sind damit begründet, dass die Zukunft seiner Equipe offen bis sogar düster ist. So sagt Verbandspräsident René Stammbach nach dem Wochenende in Biel einerseits: «Mit dem Ligaerhalt hat das Team den Teppich für die beiden Grossen ausgerollt.» Seine nächste Aussage relativiert aber gleich wieder einiges: «Das Gute ist: Es gab noch keine Absagen. Das weniger Gute: Es gab auch keine Zusagen.»
Die personelle Situation für die Davis-Cup-Saison 2018 präsentiert sich wie folgt:
- Weitere Einsätze von Roger Federer sind unwahrscheinlich. Die Weltnummer 2 half nach dem Triumph 2014 dem Team einzig noch in der Folgesaison aus, um sich in der Playoff-Begegnung gegen die Niederlande zu retten.
- Auch Stan Wawrinka glänzt seit 2 Jahren durch Abwesenheit. Gemäss Lüthi liegen die Chancen auf ein Comeback bei 50:50. Beeinflussen könnte den Entscheid des Romands die Auslosung sowie die Bedingung, dass für eine Olympiateilnahme 3 Davis-Cup-Partien nötig sind.
- Bei Marco Chiudinelli, der eine Woche nach seinem 36. Geburtstage 2 Punkte gegen die Weissrussen beisteuerte, deutet einiges auf einen Abschied aus dem Profizirkus hin.
Hinter Teamleader Henri Laaksonen (ATP 113) klafft ein riesiges Loch. So etwa müssten die Debütanten im Doppel, Adrian Bodmer (22-jährig) und Luca Margaroli (25) weitere Entwicklungsschritte machen, um auf dem Niveau der Weltgruppe mitzuhalten.
Auch SRF-Tennisexperte Heinz Günthardt äussert einige Fragezeichen zur Zukunft des Schweizer Teams. «Die junge Garde ist nun gefordert. Es gibt einige mit Talent, aber leider sind sie noch nicht so weit, um gleich in die Bresche zu springen», analysiert er.
Entsprechend fasst Günthardt zusammen: «Ohne Federer und Wawrinka ist die Besetzung auf dem Papier definitiv nicht erstklassig.» Also sei der erneute Klassenerhalt nicht realistisch, sondern extrem optimistisch.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 17.09.2017 13:00 Uhr