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Sommerserie «Anfänge» Sag «Hallo» und ich sag dir, wer du bist

Ein Sprichwort sagt: «Man bekommt keine zweite Chance, um einen ersten Eindruck zu machen». Und dazu braucht es nur einen Sekundenbruchteil, wie aktuelle Studien zeigen. Doch stimmt dieser erste Eindruck auch?

Mehr als ein «Hallo» brauchten die Probanden in einer US-amerikanischen Studie nicht, um aus dem Klang dieses Wortes auf die Persönlichkeit des Menschen zu schliessen, aus dessen Mund es drang. «Es ist quasi unsere ‹condition humaine›, dass wir nicht anders können, als uns einen ersten Eindruck zu bilden», sagt Psychologin Marianne Schmid Mast von der Universität Lausanne.

Erstaunlicherweise waren sich die Probanden in der «Hallo»-Studie in ihrem ersten Eindruck recht einig. Offensichtlich genügen also akustische Merkmale wie Stimmlage, Intonation oder Sprachmelodie, um andere Menschen ähnlich einzuschätzen.

Anatomische Signale

Genauso einig sind sich Menschen beim Einschätzen von Gesichtern. Eine erst gerade veröffentlichte Untersuchung zeigt, dass Menschen anhand von Fotos relativ übereinstimmend als zugänglich, dominant oder attraktiv beschrieben werden.

Hier ist es das Zusammenspiel von Merkmalen wie der Breite der Augenbrauen, der Position der Wangenknochen oder der Form der Mundpartie, das ein Gesicht ausmacht. In dieser Animation der Forscher verändert sich das Gesicht von verschlossen zu zugänglich:

Video
Gesicht – von verschlossen zu zugänglich (PNAS, R. Vernon et al.)
Aus Einstein vom 08.08.2014.
abspielen. Laufzeit 13 Sekunden.

Extrem schnelle Reaktion

Wie jemand auf uns wirkt, «entscheiden» wir übrigens rasend schnell. Unser Gehirn reagiert laut einer aktuellen Studie innert weniger Millisekunden auf Signale von Vertrauenswürdigkeit auf Fotos von Gesichtern.

Doch wie verlässlich ist dieser erste Eindruck? Nur weil sich viele Menschen einig sind, müssen sie ja nicht unbedingt richtig liegen. Marianne Schmid Mast kommt aufgrund einer grossen Übersichtsstudie zum Schluss: Wir sind im Durchschnitt relativ gut darin, die Persönlichkeit, die Intelligenz oder die sexuelle Orientierung von Personen einzuschätzen, die wir zum ersten Mal sehen – besser jedenfalls, als wenn wir geraten hätten.

Doch dieses Resultat stellt den Psychologen Alexander Todorov von der Princeton University in den USA keineswegs zufrieden. Wir könnten nämlich, so findet er, mit etwas Überlegen viel besser sein, wie er am Beispiel einer Studie aus den USA darlegt.

Demokrat oder Republikaner?

US-Amerikanerinnen und -Amerikaner hatten in der Studie anhand von Fotos besser einschätzen können, ob es sich beim Abgebildeten um einen Demokraten oder einen Republikaner handelte, als wenn sie geraten hätten.

Doch das Resultat, so Todorov, hätte mit einer einfachen Faustregel stark verbessert werden können. Man müsse dazu nur die demografische Verteilung kennen: Republikaner seien mit viel grösserer Wahrscheinlichkeit als Demokraten ältere weisse Männer. Allein diese simple Regel würde zu weit besseren Resultaten führen als der erste Eindruck.

Mehr als Bauchgefühl nötig

In diesem Punkt pflichtet auch Marianne Schmid Mast bei. Unser Bauchgefühl funktioniere im Durchschnitt zwar recht gut. Doch wenn es dann um die persönliche Interaktion gehe, etwa die Partnerwahl oder eine Stellenbesetzung, brauche es mehr als nur einen ersten Eindruck.

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