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Sommerserie «Extrem!» In der Romantik-Falle

Extrem leichtgläubig: Mit vorgespielter Liebe liess sich schon immer Geld machen. Doch mit dem Internet ist es noch einfacher geworden. «Romance scam», zu Deutsch «Online-Liebesbetrug», wird immer häufiger. Die britische Psychologin Monica Whitty hat nachgezeichnet, wie die Betrüger vorgehen.

Es fängt immer gleich an: Die Betrügerin oder der Betrüger gibt sich auf Internetforen oder Online-Paarbörsen als charmante junge Frau oder gut betuchten jungen Mann aus, oft aus einem weit entfernten Land.

Wenn jemand auf die Kontaktaufnahme reagiert, teilt der Betrüger mit den potentiellen Opfern sehr schnell sehr intime Details aus seinem – frei erfunden – Lebenslauf. Das schaffe in der so genannten «Anbahnungsphase» Vertrauen, sagt die britische Psychologin Monica Whitty.

Die Anbahnungsphase

Per E-Mail, SMS, Chat oder auch per Telefon werden die Opfer eingelullt. «Er sandte mir jeden Morgen ein Gedicht. Wir chatteten jeden Abend rund vier Stunden, und er rief mich dann am nächsten Morgen an, um mir zu sagen, wie fest er mich liebe», gibt eine der Befragten zu Protokoll.

Die Falle schnappt zu

Wenn die Opfer von der Liebe ihres Gegenübers dann richtig überzeugt sind – manchmal auch erst nach Monaten – dann schlagen die Betrüger zu. «Den Stich» nennt Monica Whitty diese Phase.

Eine Person sucht am Computer auf einer Vermittlungsplattform nach einem passenden Partner.
Legende: Ob online oder offline: Gegen Betrugsversuche können auch professionelle Partnervermittlungs-Angebote nicht schützen. Keystone

Eine Befragte beschreibt diese Phase so: «Steven bat mich, Geld zu überweisen. 2500 Pfund. Er sagte, er brauche es für private Geschäfte und könne das nicht von der Arbeit aus erledigen. Es gelte keine Zeit zu verlieren. Ich hatte ganze eineinhalb Stunden, um das Geld aufzutreiben. Er sagte mir, ich solle es via Moneygram überweisen. Ich rannte zur Bank. Alles musste so schnell gehen. Als ich dann in Ghana anrief, ging niemand ans Telefon.»

Die Demütigung

«Die Offenbarung» nennt Monica Whitty die nächste Phase. Die Opfer berichten von grosser Scham, von Demütigung, wenn sie sich den Betrug eingestehen müssen: eine Scham, die sie oft davon abhält, den Betrug der Polizei zu melden. Und für viele Opfer wiegt der Verlust der Beziehung weit schwerer als der Verlust des Geldes.

Wie kann man denn nur so leichtgläubig sein, wird sich der eine oder die andere fragen, wie kann man nur so dumm sein gar? Monica Whitty erwidert, die Opfer seien definitiv nicht dumm. Es seien normale Menschen unterschiedlichster Bildung, unterschiedlichsten Alters und unterschiedlichster Berufsgruppen.

«Wenn man verliebt ist, ist es nun mal eine ganz normale Reaktion, seinem oder seiner Liebsten aus der Patsche helfen zu wollen», sagt Whitty.

Romantiker sind gefährdet

Ein einziges Persönlichkeitsmerkmal erhöhe aber die Wahrscheinlichkeit, auf einen «Romance scam» hereinzufallen, sagt Monica Whitty: Romantiker zu sein. «Romantiker, die glauben, es gebe eine ideale Person für eine Partnerschaft, man müsse sie nur finden, sind besonders gefährdet».

Das ist nicht ganz einfach für die Präventionsarbeit, denn wer möchte diesen Menschen schon die Romantik austreiben? Genau das ist aber Monica Whittys Tipp, um sich Liebesbetrüger im Internet vom Hals zu halten: Wenn etwas zu gut aussehe, um wahr zu sein – dann sei es das wohl auch.

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