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Ula Grymula
SRF / Roman Fillinger
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Polen – Ein Land driftet auseinander

Polen ist ein homogenes Land. Praktisch alle sprechen Polnisch. Praktisch alle sind katholisch. Ausländer sind rar. Und trotzdem ist Polen ein zerrissenes Land. Die Gesellschaft zerfällt in zwei politische und weltanschauliche Lager, die sich kaum mehr zuhören.

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Ula Grymula, Bio-Informatik-Studentin, liebt die katholische Kirche. Sie liebt die prächtigen Liturgien und die Spiritualität so sehr, dass sie mit Freude eine Jugendgruppe leitet und mit jungen Mädchen betet und die Bibel liest. Doch dies sei eine «toxische Beziehung» sagt die junge Frau mit dem knallroten Lippenstift: Denn die Kirche liebe sie nicht zurück. Ula nämlich liebt Frauen. Lesben und Schwule aber haben in der polnischen katholischen Kirche keinen Platz. Und nicht nur das: Die gleiche Kirche, in der die 21jährige aufgeht, predigt in der Frühmesse davon, dass Leute wie Ula, Homosexuelle, die christlichen Werte verraten hätten und intellektuell krank seien. Der Erzbischof von Krakau etwa warnt vor der «Regenbogenplage», Polens Staatspräsident hält die sogenannte «LGBT-Ideologie» für schlimmer als den verhassten Kommunismus.

Der Umgang mit Homosexuellen ist ein Beispiel dafür, wie zerrissen die polnische Gesellschaft ist und wie die Politik versucht, aus emotionalen Themen Kapital zu schlagen. Kommt dazu: Die rechtsnationale Regierungspartei von Jaroslaw Kaczynski hat den Freiraum der polnischen Gesellschaft Stück für Stück eingeengt und versucht Gerichte zu kontrollieren. Gleichzeitig verspricht sie, das Wohlstandsgefälle mit einem grosszügigen Kindergeld und anderen Sozialleistungen zu verringern.

So geht denn ein Spalt quer durch alle Schichten: Hier die konservativen, katholischen Polinnen und Polen, die glauben, die Europäische Union wolle ihnen ein bestimmtes Gesellschaftsmodell aufzwingen, dort jene Menschen, die sich von der Kirche abwenden, sich gesellschaftlich öffnen und die Werte Westeuropas teilen.

Ula Grymula, Demonstrantin Karolina Lange, die fünfköpfige Familie Olejniczak und einige andere erzählen von dem Polen, in dem sie leben und von den Werten, die sie verteidigen. Sie reden mit uns - immer weniger aber miteinander.

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