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«Aus die Maus»: Fünf Fragen an Nadja Sieger
Aus Kultur Extras vom 21.09.2016.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 23 Sekunden.
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Bühne «Aus die Maus»: Nadeschkin zeigt, wie Obdachlose in Berlin leben

Man kennt Nadja Sieger als Komikerin Nadeschkin. Jetzt beweist sie aber auch als Autorin und Regisseurin ihr Können: Am Berliner Grips-Theater will sie mit dem Stück «Aus die Maus» Kinder für das Thema Obdachlosigkeit sensibilisieren. Das bedeutete für die Schweizerin ein hartes Stück Arbeit.

Gelbe Hose, gelbes Oberteil und zerzauste Dreadlocks: So kennen in der Schweiz Gross und Klein den weiblichen Part von «Ursus & Nadeschkin». Seit bald drei Jahrzehnten spielt Nadja Sieger zusammen mit Urs Wehrli in der ersten Liga der Schweizer Comedy-Szene.

Zu Nadja Sieger

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Seit 1987 tourt Nadja Sieger im Duo «Ursus & Nadeschkin» durch die Welt. In einer Mischung aus Theater, Kabarett, Artistik und Clownerie erfindet sie sich immer immer wieder neu. Dieses Jahr ist sie erstmals am Berliner Grips-Theater tätig und gibt mit dem Stück «Aus die Maus» gleichzeitig ihr Debüt als Regisseurin eines Kindertheaters.

Eine Auszeit mit neuen Wegen

Auch im Ausland ist das Duo bekannt und stand beispielsweise in Wien, Berlin, New York oder Melbourne auf der Bühne. Mitte 2015 nahmen sich die beiden eine Auszeit um, wie es offiziell heisst, «Wege zu begehen, von denen man keine Ahnung hat, wohin sie führen, und bei denen man auch den Druck nicht hat, dass sie wohin führen müssen.»

Wie leben Obdachlose?

Doch Siegers Weg hatte ein klares Ziel: Berlin. Der Leiter des Grips-Theaters fragte sie an, ob sie ein Stück inszenieren wolle. Sieger wollte. Daraus entstand «Aus die Maus», ihr erstes Kindertheater, das am 22. September im Grips-Theater Podewil Uraufführung feierte.

Nadja Sieger schrieb das Stück mit dem Kinderpsychologen Georg Piller. Sie wollten wissen, wie obdachlose Menschen in Berlin leben. Als die Grundidee stand – eine obdachlose Frau wohnt im Theater und stört die Vorstellung einer Maus – ging es an die Recherchen.

Frieren, ohne es zu merken

Dafür fuhren sie unter anderem während einer Nacht im Berliner Kältebus mit. «Im Extremfall würden wir Leben retten», sagt Sieger. Doch unter normalen Verhältnissen wie in dieser Nacht, verteilten sie einfach Schlafsäcke, Isomatten und heissen Tee.

Die Schweizer Komikerin staunte nicht schlecht, als sich von zehn nur ein einziger helfen liess. Siegers Erkenntnis: «Wer die Kälte der Welt nicht mehr spürt, verliert auch das Bewusstsein dafür, dass er friert.»

Nicht jede Unterstützung hilft

Doch selbst wenn Obdachlose Unterstützung annähmen, sei dies keine Garantie, dass sich ihr Leid mindere. Geldspenden etwa könnten kontraproduktiv sein.

«Meist finanziert man ihnen damit den nächsten Whisky», erklärt Sieger. Allerdings, ergänzt sie, sei dies immer noch besser, als wenn sie ihn im Laden klauten.

Oft haben diese Menschen psychische Probleme und leiden durchschnittlich an vier verschiedenen Krankheiten gleichzeitig. «Ein Obdachloser lebt im Schnitt 30 Jahre weniger lang», weiss die Schweizerin.

Die Gesellschaft wendet sich ab

Anhand ihrer Recherchen kreierten Nadja Sieger und Georg Piller die obdachlose Kippe: eine fiktive Person, inspiriert durch mehrere reale Schicksale. Diese Kippe soll beim Publikum von «Aus die Maus» Empathie für Obdachlose hervorrufen.

«In unseren Köpfen kursieren so viele Vorurteile, dass wir uns abwenden, bevor wir sie sehen.» Denn vielfach stiessen sie in der Öffentlichkeit auf Ablehnung, weil sie nicht mehr so funktionierten, wie es die Gesellschaft von ihren Mitgliedern erwarte. Diese Abwendung passiert laut Sieger meist im Alter von acht bis elf Jahren. Deshalb wollte sie mit ihrem Stück Kinder frühzeitig und nachhaltig für dieses Thema sensibilisieren.

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