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Film & Serien Angst frisst die Seele auf

Wie ist das, wenn man aus dem eigenen Leben fällt, keinen Halt mehr findet, Panikattacken erleidet? Die Münchner Regisseurin Sonja Heiss verarbeitet in «Hedi Schneider steckt fest» persönlichen Erlebnisse. Der Film ist jedoch kein Drama, sondern eine heitere Liebesgeschichte.

Herzrasen, Atemnot, kalter Schweiss – die körperlichen Symptome einer Panikattacke sind massiv, obwohl Auslöser wie etwa Stress unspektakulär – ja nichtig – erscheinen mögen. Doch selbst wenn die Angst um die eigene Gesundheit grundlos ist, bleibt sie nicht ohne Folgen: Die Betroffenen kapseln sich ab, worunter sie selbst und ihr Umfeld leiden.

Die 39-jährige Münchner Filmregisseurin Sonja Heiss («Hotel Very Welcome») hat eine solche Angststörung selbst erlebt und in ihrem Spielfilm «Hedi Schneider steckt fest» verarbeitet. Dabei geht Heiss nicht autobiografisch vor, sie nutzt vielmehr ihre eigene Erfahrung, um eine überraschend heitere und zärtliche Liebesgeschichte zu erzählen.

Büroalltag mit grauen Sachbearbeitern

Video
Trailer «Hedi Schneider steckt fest»
Aus Kultur Extras vom 05.06.2015.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 59 Sekunden.

Der Film beginnt damit, dass Hedi Schneider (Laura Tonke) wortwörtlich feststeckt – in einem Lift. Kein Grund zur Beunruhigung: Die lebenslustige Frau Mitte Dreissig nimmt's locker. Was ihr stärker zusetzt, ist ihr unbefriedigender Büroalltag, den sie mit grauen Sachbearbeitern verbringt.

Zuhause erwarten sie zum Glück ihr kleiner Sohn und der fürsorgliche Lebenspartner Ulli (Hans Löw). Doch während eines gemeinsamen Schäferstündchens ist die Angst plötzlich da und geht nicht mehr weg.

«Hedi Schneider steckt fest» durchläuft die verschiedenen Stadien des psychischen Leidens, und das mit viel Witz: Der Film zeigt etwa, wie Hedi unter dem Einfluss von Psychopharmaka («besser als Kiffen») einen Hasen kauft, oder wie sie in einer überfüllten U-Bahn-Station lauthals ihre Krankheit beschimpft. Gezeigt wird aber auch das Unverständnis, auf das Hedi stösst. Der Psychiater speist sie mit Plattitüden und Pillen ab, ihre eigene Mutter macht ihr Vorhaltungen: «Ich hab nie gedacht, dass du mal sowas bekommst!»

Schwächer als das eigene Kind

Wirklich dramatisch aber sind die Auswirkungen auf die kleine Familie, in der die Mutter plötzlich hilfsbedürftiger ist als das eigene Kind. Ulli, der eigentlich eine Stelle im Ausland antreten wollte, sieht sich unvermittelt auf die Rolle eines Pflegers reduziert und versucht mit zunehmender Anstrengung, einen gewissen Grad an Normalität aufrecht zu halten.

«Hedi Schneider steckt fest» ist ein wehmütiger Abschied vom Glauben an die eigene Unverwundbarkeit, aber auch ein gelassener Film über eine selbstbewusste Frau, die sich von ihrer Angst nicht ins Bockshorn jagen lassen will.

Sendung: Kultur kompakt, 4.6.2015, 16.50 Uhr

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