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Film & Serien «Au bout du conte» – Modernes Märchen in Paris

Jean-Pierre Bacri und Agnès Jaoui: Die beiden sind leidenschaftliche Schauspieler und schreiben gemeinsam Drehbücher. Die Regie allerdings überlässt Bacri gerne Jaoui. Nun erforschen sie mit dem Kinomärchen «Au bout du conte» gemeinsam die Gefahren einer jungen Liebe mit Wolf und Prinzessin.

Bis vor einem Jahr waren Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri das perfekte Rundum-Powercouple in Frankreichs Filmszene. Als Bühnen- und Filmschauspieler wurden sie gefeiert, ihre gemeinsamen Drehbücher, zum Beispiel für Alain Resnais' Ayckbourne-Verfilmung «Smoking/No Smoking» oder «On connait la chanson», stiessen auf Begeisterung. Auch die quirligen Filme wie «Le gou des autres», die sie für sich selber schrieben und bei denen Agnès Jaoui jeweils auch gleich Regie führte, wurden zu einer verlässlichen Eigenmarke des Cinéma Français.

Privat haben sie sich im letzten Jahr getrennt, aber sonst hat sich nichts geändert – im Gegenteil: In Arbeit und Freundschaft bleiben sie symbiotisch verbunden. Das beweist ihr in Frankreich überaus erfolgreicher jüngster Film, der jetzt auch bei uns im Kino läuft.

Märchenhafte Züge

Er trägt nicht nur den Titel «Au bout du conte», sondern ganz gezielt märchenhafte Züge, auch wenn er eigentlich, «am Grunde der Geschichte», ganz im heutigen Paris spielt:

Die aparte Agathe Bonitzer spielt Prinzessin Laura, welche in einer Traumsequenz zu Beginn des Films eine Tür nach der anderen öffnet und sich plötzlich im tiefen Wald wiederfindet: «Ich war völlig verloren, es wurde immer dunkler, und ich begann mich zu fürchten... und dann sah ich einen Mann, der mich unglaublich liebevoll ansah. Und hinter ihm einen Engel. Und er nahm mich in die Arme und trug mich fort...»

Dann sind wir plötzlich nicht mehr im Traum, sondern im Kindergarten bei der von Agnès Jaoui gespielten Marianne, welche bei ihrer verträumten Nichte Laura erst mal nachfragen muss: «Wer hat dich weggetragen? Der Engel?» «Nein der Mann. Und zwar auf einem sehr seltsamen Pferd mit Vogelkopf...»

Filmplakat «Au bout du conte» mit den beiden Schauspielern Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri.
Legende: Powercouple der französischen Filmszene: Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri in «Au bout du conte». filmcoopi

Komplexe Patchwork-Familie

Laura ist tatsächlich eine moderne Prinzessin, die verwöhnte Tochter eines Industriellen, die ihren Traumprinzen sucht und findet, aber schliesslich auch auf den grossen bösen Wolf stossen wird: Maxime Wolf, einen Musikkritiker und skrupellosen Verführer. Auf ihren Vater lässt sie nichts kommen, selbst dann noch nicht, als sich eine der typischen französischen Korruptionswellen aus der Sarkozy-Ära abzuzeichnen beginnt. Der junge Mann dagegen, der sich als reale Inkarnation des Mannes aus dem Traum zu erweisen schien, wird später wiederum vom Wolf in Versuchung geführt werden, seinen besten Freund zu verraten.

Rund zwanzig verschiedene Figuren führt der Film ein, alle irgendwie miteinander verbunden, eine grosse, komplexe Patchwork-Verwandtschaft. Einer von ihnen ist der von Jean-Pierre Bacri gespielte Pierre, dessen Vater eben gestorben ist. An der Beerdigung trifft er auf die verrückte Madame Irma, die ihm erklärt, er werde ja bald wieder mit seinem Vater sprechen können.

Vage Todesahnungen

Pierres Sohn fragt ihn, was das zu bedeuten habe. Er erzählt, Irma habe ihm vor vielen Jahren den Tag seines Todes vorausgesagt. Aber das sei Blödsinn, er könne sich kaum mehr erinnern. Aber natürlich lässt ihm das keine Ruhe und in der Nacht ruft er dann doch seine Ex-Frau an, die sich an das Datum erinnert:

Der 14. März ist es, bis dahin dauert es nur noch ein paar Wochen. Und als seine neue Freundin beiläufig erwähnt, am 14. März würde sie mit ihren beiden Kindern aus seiner Wohnung aus- und in die endlich fertiggestellte neue Wohnung einziehen, beginnt Pierre nervös zu werden.

Märchenmotive und Alltagsbeobachtungen

«Au bout du conte» ist ein typischer Film für Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri. Ungemein verspielt, durchsetzt mit Motiven, in diesem Fall eben Märchenmotiven, aber auch durchwoben mit überaus menschlichen Alltagsbeobachtungen. Und weil der Film im Märchenwald beginnt und sich seinen Märchenstrukturen entlangrankt wie eine musikalische Kletterrose, darf man sich natürlich auch auf ein Feuerwerk von märchenhaft glücklichen und dennoch realistischen Enden freuen.

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