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Blind – und niemand weiss es
Aus 10 vor 10 vom 30.01.2017.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 16 Sekunden.
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Im Kino Blind in der Spitzenhotellerie – eine unglaubliche Karriere

Saliya Kahawatte verschweigt 15 Jahre lang, dass er blind ist - und keiner sieht’s. Der Film «Mein Blind Date mit dem Leben» erzählt seine Geschichte.

Die Geschichte ist unglaublich, aber wahr. Saliya Kahawatte ist so gut wie blind als er in einem 5-Sterne Hotel seine Ausbildung zum Hotelier absolviert. Seine Sehbehinderung verschweigt er. Die Verantwortlichen merken nichts.

Wie er blind die harte Ausbildung am Hotel Bayerischer Hof in München meistert, zeigt jetzt die deutsche Komödie «Mein Blind Date mit dem Leben», basierend auf Saliya Kahawattes gleichnamiger Autobiografie. Der Film verpackt die Zeit seiner Ausbildung in viel Situationskomik und Klamauk, doch so lustig war es für ihn nicht immer, erzählt er:

«Wenn Sie mit einem Handicap in einem 5-Sterne Hotel klar kommen möchten, dann müssen Sie täglich über ihre Leistungsgrenzen hinauswachsen. Wenn Sie das nicht tun, müssen Sie gehen.»

Am Ende bin ich daran zerbrochen

Mit 15 verliert Saliya Kahawatte über Nacht 90 Prozent seines Sehvermögens. Berufsberater raten ihm von seinem Traumjob als Hotelier ab. Durch übermenschliches Engagement arbeitet er sich vom Azubi zum Operations-Manager hoch. Doch mit der wachsenden Verantwortung im Job, steigt auch der Druck:

Saliya Kahawatte
Legende: Saliya Kahawatte. Dass er nichts sieht, sieht man ihm nicht an. Frenetic

«Plötzlich musste ich als Personalverantwortlicher Dienstpläne schreiben. Nur wie schreibt man diese, wenn man keinen PC bedienen kann, weil man nichts sieht. Meine Lebenspartnerin half mir dann.

Aber ich musste immer mehr Menschen haben, die Teil meiner Choreographie waren und irgendwann konnte ich diese Choreographie nicht mehr steuern. Dazu kamen noch Depressionen, Angst, Zweifel, Einsamkeit, Drogensucht, Alkoholsucht, Medikamentenabhängigkeit.

Am Ende bin ich daran zerbrochen. Aber ich sag mal, Sieg oder Niederlage, das beschreibt nicht die Qualität von Dingen oder Handlungen, sondern die Bewertungsebenen des Betrachtenden, weil ich viel daraus gelernt habe.»

Nach einem Suizidversuch und Aufenthalt in der Psychiatrie, schwört er sich, seine Sehbehinderung nie mehr zu verschweigen. Er erwähnt jetzt in Bewerbungen sein Handicap und erhält deshalb fast nur Absagen. Er erinnert sich daran, warum er zu Beginn nicht mit offenen Karten spielte:

«Wenn man mit einer Behinderung zu Beratern geht, dann heisst es ‹Du musst behindertengerecht leben, du musst Blindenschrift lernen.› Ich war nicht grundsätzlich dagegen, aber ich wollte mir die Option offen halten, es wenigstens zu versuchen, eine normale Ausbildung zu machen.

Ich finde, jeder Mensch, der eine Einschränkung hat muss für sich entscheiden, was er kann und was er nicht kann. Das sollte ein Aussenstehender nicht wirklich final bewerten. Das sollte erst mal der Betroffenen selbst entscheiden dürfen und können. Das schliesst auch ein, dass Versuche möglich sein dürfen.»

Ich wollte nie Menschen inspirieren.

Mit Ehrlichkeit schafft es Saliya Kahawatte nicht mehr zurück in die Arbeitswelt der «Sehenden». Er wird zum Sozialhilfeempfänger. Die Abwärtsspirale beginnt von neuem, doch Saliya ist ein Stehaufmännchen.

Er absolviert als Sehbehinderter ein Management-Studium. Gründet eine Firma, gibt Coachings, bietet Unternehmensberatung an, schreibt eine Autobiografie, ein Kochbuch und, und, und…Mit Buch, Film und Medienauftritten möchte er heute nicht nur ein Rollenvorbild für Menschen mit Handicap sein, sondern ein Berater für alle.

Schauspieler Kostja Ullmann und Saliya Kahawatte.
Legende: Er spielt ihn. Schauspieler Kostja Ullmann (links) und Saliya Kahawatte. Keystone

«Dass ich Menschen inspiriere kann, das finde ich toll, aber das war nie das Ziel. Ich hatte einfach nur die Idee, das, was ich erlebt habe, einmal aufzuschreiben, damit es mir selber bewusster wird.

Ich habe mehrere Therapeuten verschlissen und dann dachte ich mir, ok, wenn dich schon keiner versteht, vielleicht versuchst du‘s ja mal selbst. Und dann habe ich angefangen, meine Geschichte aufzuarbeiten.

Ich bin wie ein Vogel rückwärts über mein Leben geflogen. Daraus wurde ein Buch, dieses Buch kommt auf die Leinwand und das ist für mich eine tolle Anerkennung, aber ich wollte nie Menschen inspirieren oder ein Vorbild sein, ich wollte nur meine Geschichte teilen.»

Kinostart: 26.01.2017

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