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Trailer zu «Un château en Italie»
Aus Kultur Extras vom 21.05.2013.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 40 Sekunden.
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Cannes 2013 Ein Kind - verzweifelt gewünscht

Valeria Bruni Tedeschi, Schwester der bekannten Carla, überzeugte bereits vor zehn Jahren die Filmwelt. In ihrem aktuellen Film, «Un château en Italie», schliesst sie an den Vorgänger an. Sie erzählt etwas morbide, aber durchwegs leichtfüssig von der Torschlusspanik einer Frau.

Vor zehn Jahren hat die Schauspielerin, Millionärstochter und Schwester von Carla Bruni-Sarkozy mit der Komödie «Il est plus facile pour un chameau …» Vergnügen, Verblüffung und Anerkennung gefunden. Die zu guten Teilen autobiographisch unterfütterte Geschichte stellte ein armes reiches Mädchen ins Zentrum, das sich schwer tut damit, sein Glück zu finden.

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SRF-Filmkritiker Michael Sennhauser schaut sich in Cannes dutzende Filme an und schreibt über seine ersten unmittelbaren Eindrücke.

Mehr Filmbesprechungen unter sennhausersfilmblog.ch.

Jetzt, zehn Jahre später, spielt das reiche Mädchen weiter mit seiner Familiengeschichte. Bruni Tedeschi geht auf die Fünfzig zu, spielt aber – leicht kokett und schwer verhühnert – die 43jährige Louise. Ihr geliebter Bruder Ludovic ist an Aids erkrankt, das Familienschloss, der letzte Rest des Vermögens des verstorbenen Vaters in Italien, muss demnächst verkauft werden und Louise wünscht sich sehnlichst ein Kind.

Charmant und entwaffnend

Mit der Schauspielerei hat sie aufgehört, weil sie mehr Zeit zum Leben brauchte. Und als sie auf den jungen Schauspieler Nathan (Louis Garrel) trifft, der ihr den Hof macht, weist sie ihn erst ab, stürzt sich dann aber mit Haut und Haar und vor allem Kinderwunsch auf den nicht sehr stabilen und gar nicht erbauten Mann.

«Un château en Italie» ist ein charmanter und entwaffnender Film. Zu den schon gewohnten selbstironischen Zügen von Bruni Tedeschi gesellen sich die Talente der Drehbuchschreiberin Noémi Lvovsky (die letztes Jahr in der Jury von Locarno sass und unter anderem «Camille redouble» geschrieben und gedreht hat).

Neben dem morbid-sentimentalen Touch von Edgar Allan Poes «The Fall of the House of Usher» und der ganzen Dekadenz der armen Reichen, spielt hier vor allem die Torschlusspanik der Frau eine Hauptrolle.

Valeria Bruni Tedeschi links und Marisa Borini
Legende: Um den verzweifelten Wunsch nach einem Kind dreht sich der Film. Fokus Film

Louise wünscht sich so verzweifelt ein Kind, dass sie Nathan richtig in die Rolle des Spendervaters drängt und ziemlich sofort eine In-vitro-Fertilisation durchführt.

Um ganz sicher zu gehen, reibt sie sich aber auch den Bauch und anderes mit Weihwasser ein und stürmt gegen den Willen der aufpassenden Nonnen einen heiligen Stuhl in einer Kirche, der sofortige Fruchtbarkeit verspricht. Alles in allem aber, ist der Film trotz solcher Szenen ein reizendes Leichtgewicht.

Die Balance zwischen persönlichem Drama und charmanter Komik hält «Un château en Italie» sehr schön und einzelne Szenen werden einem in Erinnerung bleiben. Auch der Einsatz italienischer Schlager ist gelungen, und Valeria Bruni Tedeschi ist nach wie vor eine starke Erscheinung als Schauspielerin. Ob sie tatsächlich sich selber spielt oder einfach zu ihrer eigenen Figur geworden ist, wie Woody Allen, ist dabei unerheblich. Die Wirkung ist da und die Figur gehört ihr.

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