Nach dem langen Warten und fünf bisherigen Nominationen hatte Leonardo DiCaprio viel zu danken, als er den Oscar als bester Schauspieler im Film «The Revenant – der Rückkehrer» gewann. Dennoch baute er noch einen flammenden Appell zum Klimaschutz ein: «Wir haben 2015 im bis jetzt wärmsten Jahr gefilmt, der Klimawandel ist real.»
Der Regisseur des Dramas, der Mexikaner Alejandro González Iñárritu, konnte wie letztes Jahr den Oscar als bester Regisseur in den Händen halten. Kameramann Emmanuel Lubezki holte für «The Revenant» ebenfalls einen Oscar.
Mit insgesamt drei Statuetten ist der zwölfmal nominierte Favorit «The Revenant» zwar unter den Erwartungen, aber in wichtigen Kategorien ausgezeichnet worden. Zahlenmässig am meisten punkten konnte das Actionspektakel «Mad Max» mit sechs Oscars.
«Spotlight» bester Film
Der Skandal um die Übergriffe in der katholischen Kirche in Boston ist der Stoff im besten Film des Jahres 2015: Das Missbrauchsdrama «Spotlight» gebe den Überlebenden eine Stimme, sagte Produzent Michael Sugar: «Es ist Zeit, die Kinder zu schützen».
Brie Larson spielte die beste Hauptrolle im Film «Room», ein Entführungsdrama um eine Mutter, die mit ihrem Sohn jahrelang in einem Zimmer eingesperrt wird. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Emma Donoghue.
Noch 45 Sekunden Redezeit
Als beste Nebendarstellerin wurde Alicia Vikander für «The Danish Girl» ausgezeichnet, ein Film über Transsexualität in den 1920er-Jahren. Die Darstellerin dankte überschwänglich, obwohl die Preisträger darauf verzichten sollten, werden doch die Dank-Adressaten neu unten auf dem Bildschirm eingeblendet. Dazu wurde die Redezeit auf 45 Sekunden beschnitten. Der männliche Preisträger für die beste Nebenrolle war Mark Rylance, der im Spionagethriller «Bridge of Spies» von Steven Spielberg einen sowjetischen Spion verkörperte.
«Amy», der Film über das kurze Leben der britischen Musikerin Amy Winehouse, erhielt erwartungsgemäss einen Oscar für das beste dokumentarische Feature. Nach Ungarn ging das Goldmännchen für den besten fremdsprachigen Film: «Son of Saul» handelt vom Konzentrationslager der Nazis in Auschwitz-Birkenau.
Lady Gaga auf der Oscar-Bühne
Danach hatte Vizepräsident Joe Biden einen kurzen Auftritt. Er rief dazu auf, nicht zu schweigen, wenn Menschen sexuell missbraucht würden. Biden kündigte darauf Lady Gaga an, die den Song «Til it happens to you» performte. Das Lied stammt aus dem Film «The Hunting Ground», in dem Vergewaltigungen an Universitäten thematisiert werden.
Zum besten Filmsong gekürt wurde aber «Writing on the Wall», der Titelsong des neusten James-Bond-Streifens «Spectre».
«Weisse» Oscars veräppelt
Der afroamerikanische Moderator Chris Rock tönte zwar wie eine Kreissäge, als Gastgeber war er aber ein Glückstreffer: Pfiffig, selbstironisch und hochgradig politisch unkorrekt. Denn im Vorfeld der Oscarnacht hagelte es wochenlang Kritik für die «weissen» Oscars. Unter den Nominierten war kein einziger Afro-Amerikaner zu finden – und das zum zweiten Mal in Folge.
Chris Rock konnte mit einer versöhnlich-klugen und witzigen Eröffnungsrede die zuweilen verbissen geführte Diskussion etwas entschärfen. Dennoch bekamen alle ihre Portion Spott: Jene, die zum Boykott der Oscarnacht aufgerufen hatten sowie die Filmakademie.
Ganz grundsätzlich mokierte sich Chris Rock über den Hang zur politischen Korrektheit. Wenn die Schwarzen die Nominierung auf sicher haben wollten, dann müsse die Akademie eine schwarze Kategorie einführen, rief Chris Rock, männliche und weibliche gebe es ja bereits. «Wir wollen nur die gleichen Chancen! Nicht nur einmal, sondern immer!»
Reuig und schluchzend
Cheryl Boone Isaacs, Präsidentin der Academy of Motion, Picture, Arts and Sciences, gelobte zudem Besserung und versprach, künftig die globalisierte Welt besser repräsentieren zu wollen. Sie rief die Filmbranche auf, aktiv zur Förderung der Minderheiten beizutragen.
Zumindest ein schwarzer Mann wurde ausgezeichnet. Regisseur Spike Lee erhielt den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. Spike Lee hatte im Vorfeld erklärt, dass er nicht an der Oscar-Verleihung teilnehmen werde.
Rührendster Moment: Als der 87-jährige Ennio Morricone schluchzend und auf Italienisch den Oscar für die Filmmusik in «The Hateful Eight» verdankte.
Dieses Jahr sich die Oscar-Nomination übrigens mehr denn je gelohnt: Geschenke im Wert von 232'000 Dollar sollen in der Goodies-Tasche drin sein, die jeder Nominierte erhält.
Alle Oscars 2016
Bester Film | Spotlight |
Beste Regie | Alejandro G. Iñárritu – The Revenant |
Bester Hauptdarsteller | Leonardo DiCaprio – The Revenant |
Beste Hauptdarstellerin | Brie Larson – Room |
Bester Nebendarsteller | Mark Rylance – Bridge of Spies |
Beste Nebendarstellerin | Alicia Vikander – The Danish Girl |
Bestes Originaldrehbuch | Josh Singer, Tom McCarthy – Spotlight |
Bestes adaptiertes Drehbuch | Charles Randolph, Adam McKay – The Big Short |
Beste Kamera | Emmanuel Lubezki – The Revenant |
Bestes Szenenbild | Colin Gibson; Lisa Thompson – Mad Max: Fury Road |
Bestes Kostümdesign | Jenny Beavan – Mad Max: Fury Road |
Beste Filmmusik | Ennio Morricone – The Hateful Eight |
Bester Filmsong | «Writing’s on the Wall» aus Spectre – Sam Smith, Jimmy Napes |
Bestes Make-up/Frisuren | Lesley Vanderwalt, Elka Wardega, Damian Martin – Mad Max: Fury Road |
Bester Schnitt | Margaret Sixel – Mad Max: Fury Road |
Bester Ton | Chris Jenkins, Gregg Rudloff, Ben Osmo – Mad Max: Fury Road |
Bester Tonschnitt | Mark A. Mangini, David White – Mad Max: Fury Road |
Beste visuelle Effekte | Mark Williams Ardington, Sara Bennett, Paul Norris, Andrew Whitehurst – Ex Machina |
Bester Animationsfilm | Inside Out – Pete Docter, Jonas Rivera |
Bester fremdsprachiger Film | Saul fia – Ungarn – László Nemes Jeles |
Bester animierter Kurzfilm | Bear Story – Gabriel Osorio, Pato Escala6 |
Bester Kurzfilm | Stutterer – Serena Armitage, Benjamin Cleary |
Bester Dokumentarfilm | Amy – Asif Kapadia, James Gay-Rees |
Bester Dokumentar-Kurzfilm | A Girl in the River: The Price of Forgiveness – Sharmeen Obaid-Chinoy |
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 29.2.16, 7:20 Uhr