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Thierry Frémaux: «Kino war schon immer eine Männerdomäne»
Aus Kultur Extras vom 14.05.2015.
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Filmfestival Cannes Cannes liebt die Frauen – solange sie auf dem Teppich bleiben

Warum gab es erst nach 28 Jahren wieder einen Eröffnungsfilm von einer Frau? Warum sind von 19 Wettbewerbsfilmen nur zwei von Regisseurinnen? Ist es nicht die Aufgabe des wichtigsten Festivals der Welt, Filmemacherinnen zu unterstützen? Fragen an Festival-Direktor Thierry Frémaux.

Das Filmfestival Cannes liebt die Frauen. Jedenfalls solange sie in Filmen und auf dem Roten Teppich glänzen. Im Wettbewerb sind sie eine Seltenheit. Das Filmgeschäft sei nun mal ein Männersport, meint Festival-Direktor Thierry Frémaux im Interview.

Dieses Jahr sind von 19 Wettbewerbsfilmen nur gerade zwei von Regisseurinnen. Für Cannes eine gar nicht so schlechte Quote. Im Jahr 2012 war kein Film einer Frau im Wettbewerb. Damit machte sich das Festival keine Freundinnen. Es hagelte heftig Kritik.

«Allein die Qualität zählt»

Eine Frau mit einem langen blauen Kleid auf dem roten Teppich, hinter ihr Fotografen.
Legende: Auf dem Teppich begehrt, im Wettbewerb eine Seltenheit: Schauspielerin Frédérique Bel am der in Cannes. Reuters

Die deutsche Nachwuchsregisseurin Isabell Šuba reagierte mit der satirischen Dokumentation «Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste». Gedreht in Cannes, zeigte sie, unter anderem, die männliche Aufgeblasenheit des Festivalbetriebs auf.

Nun, im Jahr 2015, eröffnete Festival-Direktor Thierry Frémaux den Film-Rummel an der Côte d'Azur mit dem Werk einer Regisseurin: «La tête haute» von Emanuelle Bercot. Seit Bestehen des Festivals, seit 1946, ist es erst der zweite Eröffnungsfilm einer Filmemacherin.

Thierry Frémaux möchte nichts davon wissen, dass er mit «La Tête haute» die Wogen glätten wolle. Er treffe die Auswahl nicht anhand von Geschlecht und Herkunft, allein die Qualität zähle.

«Männer machen nun mal mehr Filme»

Frauenmangel herrscht auch in den Nebenreihen «Un Certain Regard» und «Special Screenings». Es laufen nur fünf Filme von Regisseurinnen – von insgesamt 26. Warum so wenig? Das läge nur daran, dass Männer eben mehr Filme machen als Frauen, sagt Festival-Direktor Frémaux.

Immerhin, Cannes geht dieses Jahr einen Schritt auf die Frauen zu. In der Veranstaltungsreihe «Women in Motion» wird über das Thema «Frauen in der Filmindustrie» diskutiert. Stars wie Isabella Rossellini, Salma Hayek oder Frances McDormand debattieren darüber, wie sich ihre Geschlechtsgenossinnen in der Männerdomäne durchsetzen können.

Der Bechdel-Test

Dass solche Veranstaltungen nötig sind, zeigt wie schlecht es um die Rolle der Frau im Filmbusiness steht. Übrigens auch bei den Rollenangeboten. Es gibt einen Test mit dem ermittelt werden kann, welche Stellung ein weiblicher Charakter hat. Es ist der sogenannte Bechdel-Test, erfunden von der Comic-Autorin Alison Bechdel, der mittlerweile von der US-amerikanischen Filmkritik und der Filmwissenschaft zitiert wird. In einem ihrer Comics sagt eine Frau, dass sie sich nur dann einen Film anschaut, wenn der die folgenden drei Kriterien vereint:

  • In dem Film spielen mindestens zwei Frauen mit.
  • Die Frauen unterhalten sich miteinander.
  • Die Frauen reden über etwas Anderes als über Männer.

Wer beim nächsten Hollywood-Streifen den Bechdel-Test anwendet, wird feststellen, dass die Kriterien nur selten erfüllt werden. Cannes ist eben nicht der einzige Ort, der ein Problem mit dem männlichen Chauvinismus im Filmgeschäft hat.

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