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5 Fragen an Rolf Lyssy
Aus Kultur Extras vom 29.06.2020.
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SRF Treatment Award «Filme, die man dem Publikum zumuten kann»

1978 schuf Rolf Lyssy den Kassenhit «Die Schweizermacher». Nun will er sein Wissen als Jurypräsident weitergeben.

So viel Ehre wurde Rolf Lyssy schon lange nicht mehr zuteil: Am kommenden Zurich Film Festival darf Rolf Lyssy nicht nur seinen neuen Film, die SRF-Multikulti-Komödie «Eden für jeden», präsentieren.

Der Regisseur wird auch mit dem «Career Achievement Award» ausgezeichnet und steht zudem der Jury des Treatment Award vor.

Rolf Lyssy

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1936 in Zürich geboren, lebt Rolf Lyssy immer noch in der Limmatstadt. Seit der Kindheit wollte er Filme machen. Da es damals noch keine solche Ausbildung in der Schweiz gab, machte er eine Lehre als Fotograf und verdiente sich danach die Sporen bei Filmproduktionen ab. Neben Kassenhits wie «Leo Sonnyboy» (1989) oder «Die letzte Pointe» (2017) drehte Lyssy auch Dokumentationen wie «Ursula ­– Leben in anderswo» (2011). 2012 verlieh ihm die Schweizer Filmakademie den Ehrenpreis.

Der Zürcher erlebt also mit 84 noch einmal ein veritables Karrierehoch – über 40 Jahre nachdem seine Einbürgerungskomödie «Die Schweizermacher» zum erfolgreichsten Schweizer Film aller Zeiten avancierte.

SRF: Das diesjährige Thema des Treatment Award ist «Zwischenwelten». Ein gutes Filmthema?

Rolf Lyssy: Sich zu überlegen, ob das ein gutes Thema ist oder nicht, finde ich müssig. Das Thema ist vorgegeben. Und wenn man mitmacht, muss man halt etwas die Fantasie spielen lassen.

Der Treatment Award

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SRF und das Zurich Film Festival fördern Autorinnen und Autoren. Bereits zum achten Mal vergeben sie am 3. Oktober den Treatment Award. Unter einem Treatment verstehen Filmemacher die Vorstufe zum Drehbuch. Es erzählt schon die ganze Geschichte eines Films, enthält aber noch keine detaillierten Dialoge oder Regie-Anweisungen.

Was bedeutet «Zwischenwelten» für Sie persönlich?

Ich habe eine Form von Zwischenwelt erlebt. Ich machte vor 22 Jahren eine schwere Depression durch. Dass ich das überwunden habe, hat mich mit Freude und Dankbarkeit erfüllt. Bis heute.

Ich verlor einige Freunde in der Filmszene durch Suizid. Ich wusste also: Depression ist eine lebensgefährliche Angelegenheit.

Rolf Lyssy in seiner Zürcher Wohnung.
Legende: Rolf Lyssy in seiner Zürcher Wohnung. Reto Baer

Was hat denn diese Depression ausgelöst?

Ich konnte einen Film nicht machen. Ich schrieb ein paar Jahre am Drehbuch von «Swiss Paradise». Einige Monate vor Drehbeginn las ich das Skript noch einmal und realisierte, dass die Geschichte nicht aufging. Die Erkenntnis, was das für Konsequenzen haben würde, schlug wie ein Blitz in meinen Kopf ein.

Von da an war ich nicht mehr denkfähig. Ich bekam Panik und dachte, ich stünde vor dem Nichts und würde ein Sozialfall. Bis mir ein Psychiater sagte: «Sie haben eine schwere Depression.»

Damit machte er mir bewusst, dass ich krank war und den Film vergessen sollte. Erst da dämmerte mir: Ich muss zuerst wieder gesund werden.

Zum Glück wurden Sie gesund. Und Sie drehen ja auch mit 84 noch Filme. Ihr neustes Projekt ist der SRF-Film «Eden für jeden». Wovon handelt er?

Es ist kein Projekt mehr. Der Film ist abgedreht und feiert am Zurich Film Festival Premiere. Danach wird er auch regulär in die Kinos kommen.

«Eden für jeden» ist eine Komödie mit ernstem Hintergrund. Die Komödie wird dadurch gestützt, dass sie in einem Schrebergarten spielt. Dort gibt es eine Multikulti-Gesellschaft. Der Garten ist eine Art «Biotop», das wie ein Modell der ganzen Schweiz funktioniert.

Ging es nicht schon in Ihrem Erfolgsfilm «Die Schweizermacher» von 1978 um andere Kulturen?

«Die Schweizermacher» erzählt vordergründig diese Geschichte der Einbürgerung. Aber im Kern geht es um Identität.

Was ist ein Schweizer? Wer bestimmt, dass einer ein Schweizer ist? Das ist zeitlos, das ist ein ewiges Thema bis heute. Und es wird immer so sein.

Rolf Lyssy (rechts) 1978 beim Dreh von «Die Schweizermacher» mit Walo Lüönd (links) und Emil Steinberger.
Legende: Rolf Lyssy (rechts) mit den «Schweizermachern» Walo Lüönd und Emil Steinberger. Keystone/Str

Wie fühlt es sich an, Jurypräsident des Treatment Award zu sein?

Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, auf die ich mich sehr freue. Auch weil sie mich herausfordert.

Aus einem schlechten Treatment kann man kein gutes Drehbuch machen. Ein Treatment ist schon sehr ausführlich, es ist eine Szenenfolge. Es hat etwa dreissig Seiten, ein Drehbuch hat neunzig, ein Exposé zehn Seiten.

Diese Stufen sind unabdingbar, wenn man kino- oder fernsehreife Filme machen will. Mit anderen Worten: Filme, die man dem Publikum zumuten kann.

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