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Film & Serien Mehr als Kühe und Berge: Der Schweizer Film zu Gast in Kolumbien

Die Schweiz ist dieses Jahr erstmals Gastland am Europäischen Filmfestival in Kolumbien. Gezeigt wird auch eine Retrospektive des Westschweizer Regisseurs Lionel Baier. Dieser thematisiert in seinen Filmen oft Homosexualität – ein heikles Thema in der katholischen Öffentlichkeit Kolumbiens.

Kolumbien steht im April jeweils einen Monat lang ganz im Zeichen des Europäischen Films. Rund 50 Filme aus 18 europäischen Ländern werden am «Eurocine Festival» in allen grossen Städten Kolumbiens gezeigt. Die Qualität der Filme ist ausserordentlich. In den letzten 22 Jahren hat sich das Festival einen wichtigen Platz im kolumbianischen Kulturkalender erobert – nicht zuletzt auch wegen seines klaren Fokus und der guten Qualität der Filmauswahl.

Sterbetourismus als Brücke

Dieses Jahr ist die Schweiz zum ersten Mal das Gastland am «Eurocine Festival». Neben «Chrieg», «Der Kreis» oder «Sister» wird auch eine Retrospektive des Westschweizer Regisseurs Lionel Baier gezeigt. Der Lausanner filmte 1999 seinen ersten Langfilm «Celui au pasteur – Ma vision personelle des choses», 2004 wechselte er mit «Garçon stupide» vom Dokumentar- zum Spielfilm. Neben seiner Arbeit als Regisseur leitet er die Abteilung Film an der Kunsthochschule in Lausanne.

Den Auftakt zum Filmfestival machte Baiers Tragikomödie «La Vanité». Der aktuelle Film greift das Politikum des Sterbetourismus in der Schweiz auf. Wie kommt dieses Thema in Kolumbien an? «Die Kolumbianer sind viel neugieriger als die Europäer, sie stellen viele Fragen und wollen wissen, wie die Schweiz funktioniert», erzählt der Regisseur.

Genau da setzt das «Eurocine Festival» an: Eine Brücke schaffen zwischen Kolumbien und Europa. Dieses Jahr will die Direktorin des Festivals, Theresa Hoppe, die ganze Vielfalt des schweizerischen Lebens zeigen: «Wir wollen zeigen, wie es dort aussieht. Wie reden die Leute in der Schweiz? Wie sehen sie aus? Was sind ihre Themen?»

Homosexualität – heikles Thema in Kolumbien

Mit der Wahl der Retrospektive von Lionel Baier zeigt das Festival, dass es keine Berührungsängste hat. Denn in seinen Spielfilmen befasst sich Baier nicht nur mit Familie, Heimat, Liebe oder Religion, sondern oft auch mit Homosexualität – in der breiten katholischen Öffentlichkeit Kolumbiens immer noch ein heikles Thema. Lionel Baier sagt dazu: «Das Schweigen darüber ist das Problem – nicht die Homosexualität.» Immerhin: letzte Woche hat der kolumbianische Verfassungsgerichtshof mit grosser Mehrheit die Ehe für schwule und lesbische Paare geöffnet.

Neben den Filmen von Lionel Baier zeigt das «Eurocine Festival» elf weitere Schweizer Filme, ausgesucht von der Festivalleitung und der Schweizer Botschaft in Kolumbien. Das offizielle Programmheft beschreibt die Schweiz zwar als Stereotyp: kleines Land mit Bergen, Seen und Gletschern. Die Festivalbesucher werden einen differenzierteren Eindruck von der Schweiz erhalten.

Sendung: Kultur Kompakt, Radio SRF 2 Kultur, 12. April 2016, 12.03 Uhr

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