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Film & Serien Steven Van Zandt als Mafioso auf nordischem Glatteis

Rockstar Steven Van Zandt stürzt sich in ein absurdes TV-Abenteuer: In «Lilyhammer» inszeniert er den witzigen Kulturkonflikt zwischen einem hitzigen New Yorker Gangster und kühlen norwegischen Landeiern. Die Serie sorgte in Norwegen für Rekordquoten, ab 17. Januar ist sie auf SRF zwei zu sehen.

Das Motiv des Protagonisten, der aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen und in ein nicht vertrautes Umfeld geworfen wird, ist ein beliebter fiktionaler Stoff. Die Serie «Lilyhammer» setzt diesbezüglich neue Masstäbe.

Der New Yorker Mafioso Frank «The Fixer» Tagliano hat gegen seinen Boss ausgesagt und muss sich nun via Zeugenschutzprogramm in Sicherheit bringen. Als Zufluchtsort wählt er nicht etwa Miami oder die Bahamas, sondern ausgerechnet Lillehammer (was Frank zu «Lilyhammer» verballhornt). Das norwegische Städtchen hatte ihm bei der Übertragung der Olympischen Winterspiele 1994 Eindruck gemacht.

Einer der lustigsten Konflikte der Fernsehgeschichte

«Lilyhammer»

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Donnerstag, 17. Januar, ab 20 Uhr: Folge 1 / Folge 2

Donnerstag, 24. Januar, ab 20 Uhr: Folge 3 / Folge 4

Donnerstag, 31. Januar, ab 20 Uhr: Folge 5 / Folge 6

Donnerstag, 7. Februar, ab 20 Uhr: Folge 7 / Folge 8

Unter dem Pseudonym Giovanni Henriksen betritt der italo-amerikanische Gangster das abgelegene nordische Städtchen wie ein Elefant den Porzellanladen. In diesen Breitengraden sind nicht nur die frierenden Bürger mit Daunen wattiert, sondern auch die provinzielle Volksseele.

Das Ergebnis ist einer der seltsamsten und lustigsten Kulturkonflikte der Film- und Fernsehgeschichte. Franks verbrecherische Ambitionen, die verschlafenen, aber aufrechten Skandinavier nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, stossen auf erheblichen Widerstand.

Multitalent Van Zandt ist Hauptdarsteller, Koautor, Koproduzent

An der Fernsehmesse MIPCOM im Herbst 2011 in Cannes wurde um andere Produktionen mehr Tamtam gemacht (etwa um die seither abgestürzte Retro-Serie «Pan Am», deren blau gewandete Stewardessen anmutig über die Croisette trippelten), aber keine Serie hatte einen engagierteren Vorkämpfer als «Lilyhammer». 

Am Stand von SevenOne, der Vertriebsorganisation von ProSiebenSat.1, gab es ein Kabäuschen, in das sämtliche Besucher irgendwann gelotst wurden. Darin sass, komplett mit Kopftuch, Steven Van Zandt. Den Musikfreunden ist er als Gitarrist von Bruce Springsteens «E Street Band» bekannt und Serienjunkies als Darsteller von Tony Sopranos Consigliere Silvio Dante in «The Sopranos»; ausserdem betätigt sich der vielseitige Van Zandt als Komponist, Radiomoderator (Underground Garage) und Plattenproduzent mit eigenem Label (Wicked Cool Records).

In Cannes nun warb das Multitalent ebenso höflich wie geduldig für sein bisher wohl kuriosestes Unternehmen. Als Koautor, Koproduzent und Hauptdarsteller gleich dreifach an der Serie «Lilyhammer» beteiligt, hat Van Zandt freilich jedes Interesse daran, dass diese Produktion zum Erfolg wird.

Van Zandt unter Norwegern

Das ist nicht selbstverständlich, denn «Lilyhammer» ist zwar ein Spass, stammt aber von einem ganz anderen Planeten als gängige US-Comedys wie «Two and a Half Men» oder «How I Met Your Mother». Der seltsame Planet heisst Norwegen.

Der Rhythmus der Serie ist weit entfernt von Hollywood-Sehgewohnheiten und gemahnt eher an die schrulligen Filme von Bent Hamer («Kitchen Stories»); kauzige Gestalten wursteln in Lillehammer bedächtig vor sich hin, und ihr langsam-lockerer Lebensstil geht dem Gangster gehörig auf den Geist.

Rekordquoten in Norwegen

Ausgeheckt wurde «Lilyhammer» vom Autorengespann Anne Bjørnstad und Eilif Skodvin, das den nichtsahnenden Van Zandt aufspürte, als dieser gerade im norwegischen Bergen für sein Label Wicked Cool Records die Aufnahmen einer Band namens Cocktail Slippers mixte. Van Zandt war von der absurden Idee des Mafiosos als Fremdkörper in Lillehammer angetan und stieg in das Serienprojekt ein. Bis auf den Hauptdarsteller sind fast alle Beteiligten vor und hinter der Kamera Norweger.

«Lilyhammer» ist auch in produktioneller Hinsicht ein Sonderfall: Als Partner des norwegischen Fernsehens fungierte auf amerikanischer Seite nicht etwa ein Hollywood-Studio oder ein TV-Sender, sondern die US-Videoplattform Netflix, die damit ins Produktionsgeschäft einstieg. Die Serie erzielte bei der Ausstrahlung in Norwegen Rekordquoten. Ob sie im Ausland ähnlichen Erfolg hat wie beim Heimspiel, wird sich weisen.

Empfehlung: Im Zweikanalton ansehen

Ein grosser Teil des schrägen und lakonischen Humors der Serie entsteht aus den Kommunikationsproblemen zwischen den Norwegern und dem New Yorker, der sich mit den Einheimischen nur bedingt verständigen kann.

Die deutsche Fassung der Serie allerdings ist durchsynchronisiert und beraubt sich dieser sprachlichen Gags. SRF zwei zeigt die erste Staffel von «Lilyhammer» an vier Donnerstagabenden als Free-TV-Premiere, zum Glück in Zweikanalton: Auf der zweiten Tonspur kommt man in den Genuss der zweisprachigen Originalfassung und kann – zwecks besserem Verständnis – Teletext-Untertitel dazu schalten.

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