Zum Inhalt springen

Header

Audio
Martin Heule über die Fête des Vignerons
Aus Kultur-Aktualität vom 17.07.2019. Bild: Keystone / Jean-Christophe Bott
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 23 Sekunden.
Inhalt

Fête des Vignerons «Einmal alle 20 Jahre schlagen wir über die Stränge»

Nur einmal pro Generation findet sie statt, die Fête des Vignerons. Entsprechend gigantisch wird aufgefahren: Eine Arena für 20'000 Personen steht auf dem Marktplatz in Vevey, 5’000 Schauspieler und Sängerinnen werden auftreten.

Martin Heule, ehemaliger Westschweiz-Korrespondent von Radio SRF, war bei der letzten Ausgabe 1999 dabei – und ist dieses Jahr wieder im Publikum. Ein Blick zurück – und voraus.

Martin Heule

Martin Heule

Journalist

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Martin Heule war Westschweiz-Korrepondent für Schweizer Radio und Fernsehen.

SRF: Was macht dieses Winzerfest so bedeutsam?

Martin Heule: Zum einen dieser Rhythmus von zwei Jahrzehnten. Zum anderen die Dimensionen des Festes. Da ist ja alles ausser Rand und Band, bei dieser 100-Millionen-Kiste.

Allein die Arena auf dem Marktplatz in Vevey: Wenn alle Bewohner des Orts sich dahin begeben würden, blieben noch immer 2'000 Plätze leer.

Riesige Arena mitten in einem Städtchen.
Legende: Die gigantische Arena wurde in Vevey direkt am See aufgebaut. Keystone / VALENTIN FLAURAUD

Auch künstlerisch wird stets wieder etwas völlig Neues geboten. Regisseure, Musiker und Schriftsteller können sich austoben.

Ich habe gegenüber den Mitgliedern der Confrérie des Vignerons, die das Fest organisieren, einmal geäussert, dass ich das alles etwas übertrieben finde.

«Selbstverständlich ist alles übertrieben!», haben sie mir gesagt. «Wir schlagen einmal alle 20 Jahre über die Stränge – dann sind wir wieder brav.»

Video
Der «Ranz des Vaches»: Eine Tradition entwickelt sich weiter
Aus Tagesschau vom 14.07.2019.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 31 Sekunden.

Warum findet denn dieses Fest nur einmal pro Generation statt?

Bereits beim ersten Winzerfest 1797 richtete man mit der grossen Kelle an. Zum ersten Mal baute man eine Tribüne für 2000 Personen, das war damals sehr viel. Das Fest gefiel und man beschloss, es zu wiederholen.

Allerdings waren die politischen Verhältnisse schwierig. Die Waadtländer befreiten sich von «den gnädigen Herren in Bern», die über sie herrschten. Napoleon war zwischenzeitig im Lande. Kurz: Politisch ging es über eine lange Zeit drunter und drüber.

Erst viel später sagte man sich: Jetzt ist Friede, jetzt wollen wir wieder feiern. Das war 1819, also 22 Jahre nach dem ersten Fest. Daraus hat sich dann der Rhythmus ergeben.

Dieser Generationenrhythmus erlaubt es bis heute, grössere Feste zu veranstalten und den Sinn des Festes zu vertiefen. Es soll die Leute, die im Weinberg arbeiten, auszeichnen.

Die Feier bewahrt Traditionen, aber wandelt sich auch.

Sie waren vor 20 Jahren beim letzten Winzerfest in Vevey dabei. Was ist heute anders als damals?

Was uns dieses Jahr erwartet, ist noch nicht bekannt. Man sieht einzig, dass die gesamte Bühne dieser gigantischen Arena ein LED-Bildschirm ist.

Zwei Schauspieler auf einem bunt beleuchteten LED Boden.
Legende: Gegenwärtiger Look: Der Bühnenboden ist ein riesiges LED-Display. Keystone / VALENTIN FLAURAUD

Ansonsten weiss man nur, dass der Regisseur Daniele Finzi Pascal einiges umgekrempelt hat. Er will die Arbeit im Weinberg in den Mittelpunkt stellen – Mythenspiele, wie in früheren Ausgaben, gibt es nicht mehr.

Die Fête des Vignerons ist landesweit bekannt. Inwiefern feiert es auch die Winzernation Schweiz?

Im 19. Jahrhundert wurde die Fête des Vignerons ein eidgenössisches Fest. Die Waadtländer waren nun Teil der Eidgenossenschaft und wollten zeigen, wie tolle Eidgenossen sie sind. Bis heute lädt man alle Kantone ein, denen dann einzelne Tage gewidmet sind.

Die Fête des Vignerons

Box aufklappen Box zuklappen

Das Winzerfest in Vevey findet nur ungefähr alle 20 bis 25 Jahre statt. Es gehört zum immatriellen Uneso-Weltkulturerbe.

Die aktuelle Fête des Vignerons beginnt am 18. Juli und dauert bis 11. August 2019. Es werden rund eine Million Besucher erwartet.

Auch tritt die «Cent-Suisses» auf, eine Truppe von hundert Soldaten in historischen Kostümen. Sie zeigen traditionellerweise die Wehrhaftigkeit der Schweiz. Neu gibt es eine zweite Truppe mit noch einmal hundert Frauen und Männer, die sozusagen eine Friedenstruppe zeigen.

Man schafft das Martialische also nicht einfach ab, setzt ihm aber etwas Gegenwärtigeres gegenüber: Daran sieht man, wie die Feier Traditionen bewahrt, aber sich auch wandelt.

Das Gepräch führte Igor Basic.

Meistgelesene Artikel