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«Handbuch der Menschenkenntnis» – Worum geht's in diesem Buch?
Aus Kultur-Aktualität vom 14.12.2018. Bild: Keystone
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Handbuch der Menschenkenntnis Dieses Mutmassen über die Mitmenschen

Andere durchschauen zu können: Davon träumt der Mensch seit jeher. Aber wie soll das gehen? Ein neues Buch versammelt Antworten.

Der Titel klingt verführerisch: «Handbuch der Menschenkenntnis». Wie ein Nachschlagewerk, das man aus der Hosentasche ziehen kann, wenn man sich in zwischenmenschliche Krisengebiete bewegt. Etwa zum Gespräch mit dem Chef oder mit den schwierigen Schwiegereltern.

Ewiges Bemühen

Doch Georg Brunolds umfangreiches Werk ist weniger auf direkte Hilfe bei kommunikativen Komplikationen zugeschnitten, sondern wagt den Blick aufs grosse Ganze.

Georg Brunold

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Legende: Kiepenheuer & Witsch / Tom Haller

Georg Brunold (*1953) ist promovierter Philosoph. Er war Korrespondent und hat aus über 80 Ländern für die NZZ berichtet. Er übersetzte Winston Churchill und Mohamed Choukri und veröffentlichte unter anderem den Grossband «Nichts als der Mensch. Beobachtungen und Spekulationen aus 2500 Jahren» (2013).

«Das Handbuch der Menschenkenntnis» vereint Texte aus zweieinhalb Jahrtausenden. Es zeugt vom ewigen Bemühen darum, die Menschen in ihrer Vielgestaltigkeit verstehen zu können. Und von den vielen Wegen, die Menschen sich überlegt haben, um zu diesem Verständnis zu gelangen.

Denker aus aller Welt

Der Band versammelt über 100 kurze Texte und Textauszüge aus Schriften von Psychologen, Soziologen und Philosophen, Medizinern, Journalisten, Dichtern, Denkern, Künstlern und Wissenschaftlern verschiedener Fakultäten aus allen Weltgegenden – von 700 v.Chr. bis heute.

Die Auswahl reicht von Aristoteles bis Carolin Emcke, vom Propheten Mohammed bis zum Vater der Psychoanalyse Sigmund Freud, von Immanuel Kant bis Umberto Eco. Georg Brunold hat die Texte chronologisch nach Erscheinungsdatum sortiert und jedem eine kleine Einführung vorangestellt, die Textinhalt und Autor oder Autorin vorstellt.

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Das Gesicht als Bühne – eine Moderation in vier Kapiteln
aus Passage vom 17.03.2017. Bild: Colourbox
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Manchmal ergeben sich schöne Nachbarschaften. Zum Beispiel folgt einem Text über Ehe und Ehebruch aus männlicher Sicht ein Text zum gleichen Thema aus weiblicher Sicht. Manchmal zeigt ein Querverweis am Ende eines Textes, dass ein Thema auch bei anderen Autoren, in anderen Jahrhunderten auftaucht.

Bei sich selber beginnen

So umfangreich das Buch ist, so vielfältig sind die Texte, die Brunold zusammengetragen hat. Es gibt psychologische Studien und literarische Betrachtungen, philosophische Erörterungen, wissenschaftliche Abhandlungen und es gibt Anregungen zur Selbsterkundung.

Denn wahre Menschenkenntnis fängt immer bei dem Menschen an, der man selber ist. Der römische Denker Seneca rät etwa, sich jeden Abend Rechenschaft über sich selber abzulegen: «Welches deiner Leiden hast Du heute geheilt? Welcher Störung hast du dich entgegengestellt? An welchem Teil bist du besser geworden?»

Wieso wirken Placebos?

Viele Texte beleuchten einzelne Aspekte des Menschlichen: das Glück, das Leid, die Sterblichkeit, die Wundergläubigkeit oder die Geheimniskrämerei.

Buchhinweis

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Georg Brunold: «Handbuch der Menschenkenntnis», Kiepenheuer & Witsch, 2018.

Schadet es der Seele, Geheimnisse für sich zu bewahren? Oder tut es ihr umgekehrt manchmal gut, nicht alles von sich preiszugeben? Verschiedene Autoren kommen da durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Kein Patentrezept

Es gibt auch Überraschendes. Etwa einen Text darüber, warum Placebos wirken. Oder ob fromme Menschen netter sind. Oder einen Text des Wissenschaftsjournalisten Stefan Klein über die biologische Uhr des Menschen. Der besagt, die innere Uhr beeinflusse sogar, wie fest ein Händedruck oder wie geduldig man ist.

Das «Handbuch der Menschenkenntnis» stellt viele Denkansätze vor, ohne zu werten, relativiert viele aber auch. Es zeigt, dass man sich seit Menschengedenken bemüht, Menschen und Gesellschaften zu verstehen, zu verändern, vielleicht auch zu manipulieren. Es zeigt aber auch, dass es keine Patentrezepte gibt.

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