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Gesellschaft & Religion Hat Snowden die Macht neu verteilt?

Vor genau zwei Jahren, am 9. Juni 2013, trat Edward Snowden in die Öffentlichkeit. Er gab sich als Whistleblower zu erkennen, der geheime Dokumente der NSA veröffentlicht hatte. Heute sagt er, die Geheimdienste hätten an Macht verloren. Der Netzaktivist Andreas von Gunten ist weniger optimistisch.

Andreas von Gunten

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Legende: Flickr/Raphael Moser

Der Netzaktivist Andreas von Gunten setzt sich für den öffentlichen Zugang zu digitalen Gütern und die Einschränkung der nachrichtendienstlichen Überwachung in der Schweiz ein. Er ist Mitglied der Digitalen Gesellschaft Schweiz, Präsident des Vereins Digitale Allmend und Gründer des Verlags buch & netz.

Edward Snowden schrieb kürzlich in einem Artikel in der New York Times, dass er sein Ziel erreicht habe: eine Machtverschiebung zugunsten der Bürgerrechte und zuungunsten der Geheimdienste. Ist Snowdens Optimismus berechtigt?

Andreas von Gunten: Snowden hat sicherlich etwas ganz Wichtiges erreicht: Man spricht über Dinge, die man vorher nur den Verschwörungstheoretikern zugeschrieben hätte. Er hat gezeigt, was die Geheimdienste tun können – und was sie auch tun. Aber ich bin nicht der Meinung, dass es eine Machtverschiebung gab. Die Geheimdienste haben nicht auch nur im Ansatz vor, etwas anders zu tun, als sie es bis jetzt gemacht haben.

Was ist mit dem «durchschnittlichen Bürger»? Ist er immer noch gläsern und transparent wie eh und je?

Der Einzelne kann auch gar nicht so viel machen, auch wenn immer das Gegenteil behauptet wird. Natürlich kann ich verschlüsseln, aber das ist mühsam – vor allem, wenn man mit den heute gängigen Diensten arbeitet. Die Hoffnung besteht, dass alle Services, die wir im Internet benutzen, irgendwann mal sauber verschlüsselt funktionieren. Aber im Moment sieht es nicht danach aus.

Und das Bewusstsein? Hat sich das verändert?

Ich habe, ehrlich gesagt, nicht den Eindruck. Ich merk das auch bei mir: In den letzten zwei Jahren sind von mir mehr Daten im Internet verfügbar geworden. Nicht, weil mir nicht bewusst wäre, dass das passiert, sondern weil es Teil dieses Systems ist. Es hilft uns allen, dass wir diese Daten haben. Das Problem ist nicht, dass wir die Daten produzieren und sammeln lassen. Das Problem ist, dass diese Daten missbraucht werden. Dagegen muss man kämpfen. Es wäre falsch davon auszugehen, dass wir weniger Daten produzieren müssen. Das Gegenteil ist der Fall: Wir werden immer mehr Daten produzieren. Das wollen wir, denn sie nützen uns. Aber wir müssen dafür sorgen, dass wir die Hoheit über sie behalten, und dass sie nicht missbraucht werden.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 9.6.2015, 12.10 Uhr.

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