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Hype um den Hund Der Hund – der Held von heute?

Nicht für die Katz! Der französische Philosoph Mark Alizart erklärt in seinem Essay «Chiens», warum wir mehr Hunde brauchen, um uns pudelwohl zu fühlen.

Als Mark Alizart zu schreiben begann, ging es ihm – naja – hundsmiserabel. Er hatte eben seinen geliebten Vierbeiner verloren und begann, sich den Kummer vom Leib zu schreiben. Aus der Trauerarbeit ist nun «Chiens» entstanden. Ein philosophischer Essay, der in Frankreich für Furore sorgt.

Mark Alizart

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Legende: Adeline Mai

Mark Alizart, geboren 1975, beschäftigt sich mit der Krise der Moderne. Er ist Autor von mehreren Büchern – unter anderem «Pop Théologie» und «Information céleste».

Der sabbernde Held

In «Chiens» feiert Alizart den Hund als Helden. «Der Hund ist ein stiller Held, der akzeptiert, als Depp durchzugehen», schreibt er. Für seinen Essay hat er die Kulturgeschichte des Hundes studiert – von der Antike bis heute. Und mit berühmten Denkern über Hunde nachgedacht.

Der Vierbeiner, so Alizart, habe in der Kulturgeschichte meist einen schlechten Stand. Er spiele die Rolle des glücklichen Dummen – des Haustiers, das ohne sein Herrchen und Frauchen nicht durchs Leben käme.

Dämlich wie Goofy, ein Schisshase wie Scooby Doo: Ganz nett sind Hunde. Kumpel. Grosse Helden sind sie meist nicht.

Goofy in Superman-Pose.
Legende: Poser: Obwohl er nicht das Zeug zum Helden hat, ist Goofy ein Comic-Star. Keystone

Der Hund ist für viele nur ein Köter. Das spiegle sich auch in der Sprache. In fast keiner Kultur käme er gut weg. Ob «vie de chien» oder «Hundeleben» – der Hund muss sprachlich unten durch.

Das Hunde-Image verbessern

Ganz früher sei es dem Hund besser ergangen, weiss Alizart: In der Antike habe der Vierbeiner himmlische, gar göttliche Züge gehabt – so zum Beispiel der Höllenhund Zerberus oder den Hundsstern Sirius. Dann ging das Image langsam vor die Hunde. Von Gott zu Goofy – im Laufe der Zeit.

Doch das Image des Hundes habe sich in den letzten Jahren verbessert: Denn nicht nur das Tier hat ab den 1970er-Jahren an Wertschätzung gewonnen. Auch der Hund kam wieder auf die Beine – ist heute in der Popkultur gerade ein Renner.

Kommissar Rex in einem Polizeiautor
Legende: Commissaire qui? In Frankreich kennt den Rex keiner, hierzulande war er aber ein Held. Imago / Milestone Media

Zeit für den Hund?

In «Isle of Dogs» von Wes Anderson wehren sich clevere Hunde gegen fiese Katzen. In «Chien» wird ein Mann zum Hund. In «Adieu au language» spielt eigentlich der Hund die Hauptrolle. Und Houellebecq macht 2016 seinen Hund zum Museumsstar. Und, und, Hund.

Hunde in der Wüste.
Legende: Haben genug vom Katzenregime: Wes Andersons Hunde in «Isle of Dogs». Twentieth Century Fox Film Corporation

Der Hund ist gerade so in, dass die Zeitschrift «Les Inrockuptibles» von einem «moment chien» spricht. Doch warum ist der Mensch gerade jetzt wieder auf den Hund gekommen?

Der Pudels Kern?

Die Idee, dass der Hund mehr ist als ein Köter, ist nicht neu. In seinem Essay erwähnt Alizart etwa Franz Kafka. Der schreibt in «Die Forschungen eines Hundes»: «Mich kümmerten nur die Hunde, gar nichts sonst. Wen kann man sonst anrufen in der weiten leeren Welt? Alles Wissen, die Gesamtheit aller Fragen und aller Antworten ist in den Hunden enthalten.»

Es tönt schon fast kafkaesk, dass des Pudels Kern im Hunde stecken soll. In den Worten des Hundenarrs liegt aber ein Gedanke, den Alizart in seinem Essay weiterführt: In Zeiten, in denen die Menschheit nicht weiss, wo sie hingeht, kann uns der Vierbeiner begleiten.

Buchhinweis

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Mark Alizart: «Chiens». PUF, 2018.

Standhafter Vierbeiner in schwierigen Zeiten

Ein Gedicht von Michel Houellebecq heisst: «Der Hund ist ein Liebesmaschine». Gedanken eines Misantrophen, der mit Kötern einfach besser kann?

Nicht nur, würde Alizart wohl sagen. «Der Hund hält dem Bösen stand und bleibt trotzdem ausserordentlich milde. Das suchen die Menschen in unruhigen Zeiten».

Der Hund, ist er der Held unserer Zeit? Muss nicht sein. Sicher ist aber: Der Hund tut uns Menschen tierisch gut.

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