Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Gesellschaft & Religion Im Kurort Caux trifft sich die Welt zum Thema Frieden

Früher nannte sich die Bewegung «Moralische Aufrüstung» und richtete sich mit christlich-protestantische Werten gegen den Kommunismus. Heute nennt sie sich «Caux-Initiativen der Veränderung» und hat sich selbst neu erfunden. Das Ziel: Friedensförderung «made in Switzerland».

Wer sich selbst verändern kann, kann auch die Welt verändern – so lautet die Grundthese der Männer und Frauen, die sich alljährlich zum Jahreswechsel in Caux oberhalb von Montreux treffen und über Frieden nachdenken. Es sind hunderte von Menschen aus ganz verschiedenen Berufen und Staaten.

Beim ersten Treffen 1946 waren es aber vor allem Schweizerinnen und Schweizer, die den Grundstein für das internationale Netzwerk für Frieden und Demokratie in Caux legten. Von ihren Spenden in Millionen Franken Höhe werden bis heute Gäste aus Krisengebieten in die Schweiz eingeladen.

In Sicherheit über die Heimat nachdenken

Diesmal waren besonders viele junge Leute von der Krim in Caux anzutreffen. Im ehemaligen Grand Hotel, mitten im fantastischen Alpenpanorama, konnten diese Ukrainerinnen und Ukrainer zuerst einmal aufatmen.

Die «Caux-Initiativen der Veränderung» boten ihnen eine Gesprächs-Plattform: Hier konnten sie in Sicherheit, Diskretion und Freiheit über die politischen Vorgänge in ihrer Heimat sprechen. «Einander wirklich zuzuhören, ohne einander vorzuverurteilen», resümiert die 30-jährige Anastasia dankbar. Sie will jetzt etwas von dieser Gesprächskultur mit nach Hause auf die Krim bringen. Auf der Krim seien die Caux-Initiativen wohl bekannt. Ein von Caux inspirierter Friedenskreis hat dort Russen, Ukrainer und Tataren an einen Tisch gebracht. Es gelang etwas, das in der grossen Politik weit entfernt scheint: Jede Seite konnte ihre Sicht der Dinge darlegen und wurde gehört. Ein erster Schritt zu echter Versöhnung.

Tägliche Schweigezeit zur Reflexion

Den Caux-Initiativen liegen dieselben Ideen zugrunde wie der früheren «moralischen Aufrüstung». Eine tägliche Schweigezeit soll bei der inneren Reflexion helfen: Wo war ich nicht ehrlich? Habe ich wirklich uneigennützig gehandelt? Mit wem müsste ich mich versöhnen?

Das mag zu Recht an fromme Praktiken protestantischer Hauskreise erinnern. Aus dieser Tradition stammt auch der Gründer der Bewegung, der US-Lutheraner Frank Buchmann. Er gab ihr 1938 den Namen «moralische Aufrüstung». Buchmann war strammer Antikommunist. Und der Antikommunismus wurde den moralischen Aufrüstern auch immer wieder vorgehalten.

Neuer Name und Offenheit für Andersgläubige

Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks in den 1990er-Jahren war zwar der ideologische Antikommunismus obsolet geworden. Nicht aber die Friedensarbeit als solche. Caux-Freundinnen und -Freunde halfen infolge mit bei der Aussöhnung in den Gesellschaften Australiens und Südafrikas. Mit Anti-Korruptions-Kampagnen in Afrika versuchen sie noch heute, zu mehr Demokratie beizutragen – sie haben einen langen Atem.

2001 gab sich die «moralische Aufrüstung» schliesslich einen neuen Namen: «Caux-Initiativen der Veränderung». Damit markierte man eine grössere, weltanschauliche Offenheit. Heute ist die Bewegung überkonfessionell, für Andersgläubige und sogar für «Ungläubige» offen.

Meistgelesene Artikel