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Gesellschaft & Religion Kurze Rede, langer Sinn: Die Sprachkunst des Elazar Benyoëtz

Elazar Benyoëtz sagt in einem Satz, wozu andere Bände brauchen. Im März ist der Lyriker 80 Jahre alt geworden.

Ein guter Aphorismus ist von erschöpfender, ein schlechter von ermüdender Kürze.

Die theologischen Fakultäten Bern und Zürich haben Elazar Benyoëtz als Lehrmeister der prägnanten Sprache in die Schweiz eingeladen. Der 80-jährige Lyriker tritt im Berner Münster ebenso auf wie in der Solothurner Jesuitenkirche.

Flucht vor den Nazis

Elazar Benyoëtz wurde 1937 in Wiener Neustadt als Paul Koppel geboren. Er war keine zwei Jahre alt, als seine Eltern mit ihm aus Österreich vor den Nazis flüchteten. In Jerusalem wurde aus Paul Koppel: Elazar Benyoëtz.

Seine ersten Gedichte schrieb er auf Hebräisch. Deutsch kannte er nur noch von seinen Eltern und vergass viel davon. Die Muttersprache eroberte er sich langsam wieder zurück. Dabei halfen Deutschlandaufenthalte in den 1960er-Jahren.

Meister der Knappheit

Damals arbeitete er in Berlin an der «Bibliographica Judaica» mit, einem Verzeichnis deutsch-jüdischer Autorinnen und Autoren. Heute ist Benyoëtz selbst ein Meister dieser deutschen Sprache und ein Meister der Knappheit.

Solange man zweifeln kann, gibt es keinen Grund zu verzweifeln.

Die Universität Bern hat den israelischen Dichter auch aus Dankbarkeit eingeladen: Aus Dank dafür, dass er die deutsche Sprache nicht aufgegeben hat und neu für uns erschliesst, sagt Magdalene Frettlöh.

Sie ist Professorin für dogmatische Theologie an der Uni Bern. Als theologische Vielschreiberin lerne Frettlöh unaufhörlich von den knappen Sätzen Benyoëtz‘. «Du kannst nicht Gott suchen und Ruhe finden.»

Aufruf zum Widerspruch

Aus solchen Sätzen spricht der Mut, Dinge auf den Punkt zu bringen und gerade heraus «zu sagen». Diesen Mut vermisst die evangelische Theologin Frettlöh manchmal in ihrer «Kirche des Worts», wie die reformierte Kirche eine ist. Benyoëtz sei ihr da ein willkommener Mahner zu neuer Kürze und Klarheit.

Je lauterer der Mensch, desto stiller seine Worte.

Freilich sind es auch die zahlreichen Bezüge zur Bibel, die Elazar Benyoëtz für Christenmenschen attraktiv macht. Als 20-jähriger hatte Benyoëtz das Rabbinerexamen abgelegt. Sein lyrisch-philosophisches Werk aber will er vor allem künstlerisch verstanden wissen.

Mit einer Künstlerin, der Malerin Metavel (Reneé Koppel) ist der Dichter seit bald 50 Jahren verheiratet. Metavel hat sich passenderweise auf Miniaturen und Kalligraphie spezialisiert. Sie stellt diese Woche in Solothurn aus.

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