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Schweizer Schutzpatron Niklaus von Flüe: Machte ihn ein Burnout zum Einsiedler?

Der Bauer und Ratsherr Niklaus von Flüe verliess im Alter von 50 Jahren Frau und Familie. Er lebte fortan als Asket und Einsiedler. So wird das Leben des Bruder Klaus normalerweise geschildert. Vielleicht war auch alles ganz anders.

«Im Jahr 1467 ging der selige Bruder Klaus

von Frau und Kindern weg in die Wildnis

und diente Gott während 19einhalb Jahren

ohne leibliche Speise.»

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Ein Schicksal, das bis heute beeindruckt

Das Leben von Niklaus von Flüe, skizziert in wenigen Zeilen. So steht es auf seinem Grabstein aus dem Jahr 1518. Der angesehene Bauer, Ratsherr und Richter aus Obwalden verlässt am 16. Oktober 1467 seine Frau und zehn Kinder, um Gott in der Einsamkeit zu dienen. Ein Schicksal, das bis heute beeindruckt und irritiert.

Für die einen steht fest: Im Leben von Bruder Klaus wird das Wirken Gottes offenbar. Für die anderen bleibt sein Entscheid, Frau und Familie zu verlassen ein Skandal, bis heute. Es gibt noch andere Lesarten der Geschichte. Die folgenden Beispiele greift auch der Obwaldner Filmemacher Luke Gasser in seinem Film «Von Flüe – Ein Mann in Pilgers Art» auf.

Ehekrise, Schwermut, Depressionen

«Schwer war ich niedergedrückt. Lästig wurde mir meine liebste Frau und die Gesellschaft meiner Kinder», gesteht Niklaus von Flüe später einmal einem Prediger. Das klingt nach Ehekrise. Hinzu kommen Schwermut und Depressionen. Niklaus von Flüe fastet und betet. Er hat Visionen. Der Teufel soll ihn herausgefordert haben.

Sein ältester Sohn, Hans von Flüe, berichtet von einem Vorfall beim Heuen, beim Säubern einer Matte von Dornen. Sein Vater sei vom Teufel 30 Schritte weit den Hang hinabgeworfen worden und liegen geblieben, «ohne Verstand und mit Schaum vor dem Mund».

Niklaus von Flüe steckt in einer Sinn- und Lebenskrise. Er zweifelt an allem, an sich selber. Er ringt mit Gott und seiner Frau Dorothee Wyss. Heute würden wir wohl von einem Burnout sprechen. Schliesslich zieht er mit dem Einverständnis von Frau und Kindern als Pilger fort.

600 Jahre Niklaus von Flüe

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2017 jährt sich der Geburtstag von Niklaus von Flüe (1417-1487) zum 600. Mal. Der Verein «600 Jahre Niklaus von Flüe 1417-2017» erinnert mit einem Sammelband an Leben und Wirken des Heiligen:

  • «Mystiker, Mittler, Mensch. 600 Jahre Niklaus von Flüe 1417-1487», Theologischer Verlag Zürich 2016.

Krisenintervention durch Wallfahrt

«Im Mittelalter wurden diese Krisen religiös gelöst», erklärt Pirmin Meier, Geschichtsschreiber und Biograf von Bruder Klaus. Er erinnert an einen Berner Schultheiss, der in einer ähnlichen Krise eine zweijährige Wallfahrt ins Heilige Land unternahm. Pirmin Meier ist überzeugt: «Niklaus von Flüe wollte ursprünglich auch eine Wallfahrt machen. Er hat alles geregelt. Er hatte bereits zwei Buben, welche den Hof führen konnten.»

Niklaus von Flüe geht als Wallfahrer ins Ausland, um von einem heiligen Ort zum anderen zu wandern. Von Visionen geleitet, kehrt er jedoch bald um. Bei Liestal, Baselland, empfiehlt ihm ein einfacher Bauer, wieder nach Hause zu den Seinen zu gehen. Das gefalle Gott besser, als auf Kosten fremder Menschen zu leben.

Niklaus von Flüe bricht die Pilgerreise ab und kehrt um. Er geht aber nicht zu seiner Familie zurück. Er lässt sich im Ranfttobel nieder, einen Steinwurf vom Wohnhaus seiner Familie entfernt. Fortan führt er ein Eremitenleben. Er soll auch auf Speis und Trank verzichtet haben. Ein Hungerkünstler würden wir heute sagen.

Nicht ohne seine Frau

Wie auch immer das Leben des Heiligen Niklaus von Flüe heute interpretiert wird. Die Lebenskrise hat er überwunden. Seinen Seelenfrieden hat er gefunden, auch dank dem Einverständnis seiner Frau Dorothee. Die beiden hatten auch in der Zeit im Ranft regelmässig Kontakt.

Ohne seine Frau wäre aus dem Bauer Niklaus von Flüe nicht der Heilige Bruder Klaus geworden. Sein Ruf als Berater, Vermittler, Friedensstifter und Mystiker verbreitet sich bereits zu seinen Lebzeiten über die Eidgenossenschaft hinaus.

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