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Religions-Apps im Test Auf dem Smartphone stösst Religion an ihre Grenzen

Von «gut gemeint» bis «peinlich»: Viele Religions-Apps trivialisieren die Religion oder sind überfordert, den richtigen Ton zu treffen. Wir haben drei Apps getestet – je eine für Reformierte, Katholiken und Muslime.

Wer im App-Store nach Religion sucht, findet alles: Von trivialen Spielen à la «Finde den Protz-Bischof» über Papst-Emojis bis hin zu Dating-Apps mit konfessioneller Klientel. Fest steht: Sinnsuche steht bei den meisten Apps nicht im Vordergrund. Drei Beispiele unter der Lupe.

1. «from…»: Ein netter Versuch

Das Positive vorweg: Der Reformierte Bund hat sich, zusammen mit der reformierten Kirche Zürich, um eine App bemüht. «Reformiert fromm sein», lautet der Slogan. Die App bietet etwa Bilder an, die Momente «des Innehaltens und der Verwirrung» sein sollen.

Irritierend auch die Rubrik «Glaubensfragen heute»: «Wird es ein Jüngstes Gericht geben?» Wird sich die Generation Smartphone tatsächlich mit solchen Fragen herumschlagen? Und allen Ernstes findet sich auch die Frage: «Ist Krankheit die Strafe für Sünden?» Die Antwort: «Ja, wenn ich unvernünftig lebe. Nein, wenn ich dabei an Gott denke. Er will mein Heil, selbst wenn Heilung nicht mehr denkbar ist.»

Fazit: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Immerhin ist die App kostenlos und beinhaltet einige Anregungen zum Nachdenken.

2. «Confession»: Katholische Beicht-App

Die US-amerikanische Beicht-App «Confession» gibt es schon seit 2011. Damals sorgte sie für Furore, weil sie den Anschein erweckte, sie könne das Sakrament der Beichte neu definieren. Doch der Vatikan stellte schnell klar: «Confession» kann keinen Priester ersetzen.

Wer die App nicht herunterlädt, verpasst nichts. Erstens: sie kostet. Zweitens: Sie ist peinlich. Nur schon das Logo: Kitsch pur. Und die App ist noch konservativer als erwartet.

Fazit: Eine Geldverschwendung. Die Chancen des Beichtsakraments werden nicht in die heutige Zeit übersetzt. Stattdessen wird jedes Klischee über die römisch-katholische Kirche bedient.

3. «Minder»: Dating-App für Muslime

Wer «Minder» runterlädt, kann auswählen, wie stark sein Glaube ist – von «nicht praktizierend» bis «sehr religiös». Hinzu kommt die Gretchenfrage, ob man sich als Sunnit, Schiit, «einfach Muslim» oder «anders» versteht.

Auch wird nach dem Herkunftsland der Familie gefragt. Denn «die Muslime» gibt es nicht. Oft geht es auch nicht wirklich um Religion, sondern um den nationalen oder kulturellen Hintergrund. Ansonsten funktioniert die App wie die Dating-Plattform Tinder – einfach mit weniger Auswahl.

An «Minder» scheiden sich die Geister: Die einen sehen darin eine Förderung von Parallelgesellschaften, weil Muslime unter sich bleiben. Für die anderen ist es ein harmloses Spielzeug, mit dem Muslime effizienter als auf Tinder «matchen», da der Glaube passt.

Fazit: Wo die Liebe – oder was auch immer – hinfällt.

Und ansonsten?

Wer nach konkreten Wissensfragen sucht, wird in Apps fündig: Religiöse Feiertage? Gebetsrichtung nach Jerusalem oder Mekka? Fragen zur Fastenzeit, zu koscherem Essen oder zur Halal-Küche? Verschiedene Bibelübersetzungen? Alles da.

Das Problem aber ist, dass die meisten Apps keinen Mehrwert zur schnellen Recherche auf Google bieten. Vielleicht ist es auch nicht so schlimm, dass viele Religions-Apps peinlich sind. Denn Spiritualität funktioniert für die meisten am besten offline.

Sendung: SRF 2 Kultur, Kontext, 21.11.2017, 09.02 Uhr

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