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Stadtkinder auf dem Bauernhof (Antenne, 28.7.1972)
Aus Kultur Extras vom 22.06.2017.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 58 Sekunden.
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Der Bauernhof macht Schule Sehen, riechen, lernen: Wenn Kinder auf dem Land zu Besuch sind

Juli 1972: Stadtkinder verbringen die Ferien auf dem Bauernhof. Die Aktion hat Schule gemacht.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Vor 45 Jahren berichtete die «Antenne» über eine Aktion der Zürcher Schulen, bei der Kinder die Ferien auf den Bauernhof verbrachten.
  • Heute hat sich der Bauernhof für Stadtkinder nicht nur als Ferienort etabliert, sondern auch als Lernumfeld.
  • Beim Besuch auf dem Bauernhof erfahren Schüler anschaulich, woher das Essen im Supermarkt kommt.

Archivperlen

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Das Archiv von SRF ist ein fulminanter Fundus, ein audiovisuelles Gedächtnis, in Schwarz-weiss oder Farbe, analog oder digital. Wichtiges und Unwichtiges, Überholtes und allzeit Gültiges, Alltag und grosse Weltgeschichte.

Im Player von SRF sind eine Vielzahl von «Perlen», die Ihnen online zugänglich sind sowie im Archivkanal auf Youtube.

Am Anfang war eine Ferieninitiative

Am 28. Juli 1972 berichtet die Sendung «Antenne» über eine Aktion des Zürcher Schulamtes: Kinder können einen Teil der Sommerferien auf einem Bauernhof verbringen. Der Bericht an sich ist eine Rarität, weil er das Wort fast nur den Kindern überlässt. Und die haben etwas zu erzählen!

Die Reise mit der SBB ist schon ein Abenteuer, eine Bootsfahrt gibt's auch noch – mit der «Seestern». Die Zeit auf dem Bauernhof ist wie ein Wunder. Kühe, junge Katzen, Pferde. Lehrer Herms ist auch dabei. Stadtkinder müssten raus in die Natur, meint er.

Die Aktion des Zürcher Schulamtes ist damals eine Ferienaktivität. Heute hat sich der Bauernhof nicht nur als Feriendestination etabliert. Der Bauernhof ist während der Schulzeit eine Lerndestination.

Zur Person

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Andreas Reichmuth ist Projektleiter Schularbeit beim ‎Landwirtschaftlichen Informationsdienst «LID» und Leiter der Geschäftsstelle Schule auf dem Bauernhof «SchuB». Darüber hinaus entwickelt er Lehrmittel.

Schule und Bauernhof finden zusammen

Schweizweit gibt es private Initiativen und eine nationale Initiative, die das fördern: «SchuB», Schule auf dem Bauernhof. Projektleiter ist Andreas Reichmuth. Er sorgt vor allem für die Koordination zwischen Schulen und den Bauernhöfen, die mitmachen wollen.

Auf der Website der «SchuB» ist das Profil der Bauernhöfe genau erfasst: Gibt's noch Kühe? Pferde? Nur Getreideanbau oder Gemüse?

Das ist wichtig, damit die Lehrer, die sich auf der Webseite informieren, sicher sein können, den Bauernhof gefunden zu haben, der zum Unterrichtsstoff passt. Die Webseite von «SchuB» ist die Drehscheibe für alle Beteiligten.

Mädchen gibt Hund die Hand, steht vor drei Pferden in einem Plastiktraktor sitzend
Legende: Auf einem Bauernhof kann man was erleben, womit man garantiert nicht gerechnet hat. Keystone

Eine fulminante Lernumgebung

Wer etwa im Fach «Natur, Mensch, Gesellschaft» den Weg von der Milch zum Käse durchnimmt, dem nützt Getreideanbau wenig. Der Bauernhof ist ein fulminanter ausserschulischer Lernort, davon ist der ehemalige Primarlehrer Reichmuth überzeugt:

«Wenn ich als Lehrer das Thema Kuh habe, kann ich einen Film zeigen – oder eben raus gehen auf einen Hof. Da können die Kinder anfassen, riechen, erleben. Das bleibt. Lernstoff wird zur erlebten Erinnerung. Das lässt sich durch nichts ersetzen.»

Er versuche, den Schulen diesen Schritt zu erleichtern. Das sei eine Win-Win-Situation, sagt Reichmuth: «Mein Traum ist, dass auch in unserer digitalisierten Welt jedes Kind einmal einen Bauernhof von innen gesehen hat. Und erlebt, dass Milch nicht aus dem Regal im Supermarkt kommt »

Sendungen zum Thema

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Der Bauer bestimmt

Probleme gibt es dann, wenn zwischen Lehrern und der Bauernfamilie die Rollenverteilung nicht klar abgesprochen ist. Es sei schon vorgekommen, dass eine Lehrperson meint, sie könne die Kinder auf dem Bauernhof abgeben.

«Das sind aber seltene Ausnahmefälle», sagt Reichmuth. Es muss klar sein, dass das, was der Bauer sagt, verbindlich ist: «Er weiss, was auf seinem Bauernhof geht und was gefährlich ist.»

Ausserhalb des Klassenzimmers

Am zahlreichsten kommen Kindergärten und Primarschulklassen, sagt Reichmuth: «Für die Oberstufe ist es schwieriger wegzukommen». In der Oberstufe tangiere so ein Ausflug gleich den Stundenplan mehrerer Fachlehrpersonen. «Aber auch die kommen – am ehesten in der Hauswirtschaft.»

Schule auf dem Bauernhof

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Wissenswertes wie konkrete Angebote, Kosten, Anbieter und vieles mehr findet sich auf der Webseite der «SchuB».

Viele Lehrpersonen mit sogenannten schwierigen Klassen berichten Andreas Reichmuth, dass sich ihre Schüler und Schülerinnen in einem anderen Umfeld anders verhalten. «Oftmals läuft’s ausserhalb des Schulzimmers besser. Aber nicht nur für die Besucher gibt es Glücksmomente, auch für die Bauern.»

Der Wert des Essens

Es gebe diesen Moment: «Da sieht man das Staunen in den Augen der Kinder, man sieht, wie es Klick macht. Das ist für die Bauern ein toller Moment.» Es ist der Moment wenn die Kinder begreifen, was auf einem Bauernhof genau passiert.

Noch etwas ist Reichmuth wichtig: «Es steckt unglaublich viel Arbeit drin, Nahrung zu produzieren. Die sieht man nicht, wenn man nur mal schnell in den Supermarkt geht. Auf dem Bauernhof sieht man sie. Da begreifen Kinder, dass Essen einen Wert hat.»

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