Verpackt man Pommes-Chips in eine rosa Tüte, dann werden sie zu Frauen-Chips. Klebt man eine blaue Etikette auf ein Gurkenglas, dann sind das Männergurken. Gendermarketing nennt sich diese Strategie, solche alltäglichen Produkte getrennt an den Mann und die Frau zu bringen.
Die Welt aufteilen in Blau und Rosa
Oft bedienen sich solche Werbemassnahmen uralter Geschlechterklischees, sie teilen die Welt auf in Hellblau und Rosa. Manchmal treibt das absurde Blüten. Der Negativpreis «Der goldene Zaunpfahl» zeichnet besonders abwegigen Formen des Gendermarketings aus.
Über Facebook und Twitter konnten Vorschläge für den Preis eingereicht werden, eine Jury hat daraus fünf Nominierte ausgewählt. Auswahl gab es genug, sagt Sascha Verlan, einer der Initiatoren des Preises: «Es gibt viele Leute, die sich über solche Formen des Marketings nerven – wir haben knapp 150 Vorschläge bekommen.»
Die Nominierten
Männerbibel und Frauenbibel
Männer und Frauen sollen die gleiche Bibel lesen? Mitnichten. Schon der Einband mit Blumen- und Metallmuster macht klar, dass die Damen und Herren der Schöpfung ihre je eigene Fassung der heiligen Schrift bevorzugen. Der Mann braucht eine «schnörkellose» Bibel zum «Draufloslesen», die Frau will sich «berühren lassen» von einer Bibel, «verfasst von Frauen (und einem Mann)».
Memmen am Grill
Die deutsche Supermarktkette Edeka wirbt martialisch um grillierende Männer: Während Ritterhorden bewaffnet durch einen Wald rennen, wird im Kommentar über den verweichlichten Grilleur von heute gespottet: der lasse sogar Salat zu seinem Grillfest zu! Dabei will der Mann von Natur aus nur eins: Fleisch und Flamme.
Kreativität für Jungen und Mädchen
Mädchen basteln anders als Jungen: Das zeigt die Firma Jako-o mit ihrem Versandkatalog für Spielsachen. Auf der einen Seite finden sich Bastel-Utensilien für Mädchen – eine Nähmaschine natürlich –, daneben gibt's für Jungen eine Werkbank.
Bohrmaschine aus Plüsch
«Papa & me» heisst die Produkte-Reihe, in der diese kuschlige Bohrmaschine erscheint. Das Spielzeug soll «dem Mann den Kauf von Spielsachen für sein Baby erleichtern». Schliesslich tun sich Männer beim Einkaufen ausserhalb des Baumarkts etwas schwer.
Das Rad zurückdrehen
Das Gesellschaftsbild, das hinter diesem Gendermarketing steht, findet Verlan problematisch: «Alle diese Beispiele drehen das Rad zurück.» Sie stellten Verhältnisse wieder her, die längst überwunden sind.
Dass einige der nominierten Werbungen wohl ironisch gemeint sind, lässt Verlan als Argument nicht gelten: «Der ironische Blick funktioniert nicht». Es sei vielleicht lustig gemeint, aber der Effekt dieser Werbung sei nicht lustig.
Besonders auffällig ist das Gendermarketing bei Produkten für Kinder. «Früher gab es Werken für Jungs, Handarbeit für Mädchen», sagt Verlan: «Heute machen die Kinder in der Schule beides, aber die Werbung führt diese Trennung wieder ein.» Bei Kindern sei das Gendermarketing fatal, weil sie diese Rollenbilder nicht hinterfragten.
Ein verdienter Gewinner
So überrascht es nicht, dass der Gewinner des «goldenen Zaunpfahls» dieses Jahr ein Spielzeug ist. Der «Barbie-Experimentierkasten» ist eine reichlich kuriose Angelegenheit: Auf der Packung prangen Aufkleber mit der Aufschrift «Du kannst alles sein» und «Spielend einsteigen in Naturwissenschaften und Technik». Zu sehen ist auch eine Barbie-Puppe im Laborkittel.
Ein durchaus zeitgemässes Frauenbild, könnte man meinen. Doch die Wissenschaftsbarbie beackert dann doch ihr altbekanntes Forschungsgebiet: Sie entwickelt Kleidchen, Kleiderschränke, Schuhregale und Waschmaschinen – alles in sanften Rosatönen.
Kann der Preis tatsächlich ein Umdenken bewirken in der millionenschweren Werbebranche? Sascha Verlan glaubt daran. Einen kleinen Erfolg konnte er mit seinen Mitstreiterinnen im Vorjahr schon mal verbuchen.
Damals war ein Katalog für Spielwaren nominiert. Er zeigte einen Jungen und ein Mädchen beim Spielen – er lässig am Telefon, sie mit einer Puppe im Arm in der Küche. «In der nächsten Ausgabe des Kataloges war es dann andersrum», sagt Verlan lachend.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 19.4.2018, 07:01 Uhr.