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«Ich bin eine Hexe»
Aus Sternstunde Religion vom 28.04.2019.
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Moderne Hexe «Leider kann auch ich nur im Flugzeug fliegen»

Wicca Meier-Spring ist die wohl bekannteste Hexe der Schweiz. Im Gespräch erklärt sie, was eine moderne Hexe definiert, wie man eine werden kann und wie der Alltag einer Hexe im Aargau aussieht.

Wicca Meier-Spring

Wicca Meier-Spring

Hexe

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Wicca Meier-Spring ist Hexe und hat den Grad der Hohepriesterin erreicht. Sie machte mehrere Aus- und Weiterbildungen, unter anderem «Study of Cosmology, Magical Laws & Ethics, Magical Realms» in Irland oder die Ausbildung in Chirologie (Handlesen). 2009 gründete sie das Hexenmuseum Schweiz im Schloss Liebegg in Gränichen (AG).

SRF: Seit wann wissen Sie, dass Sie eine Hexe sind?

Wicca Meier-Spring: Seit meiner Kindheit hat mich das Thema fasziniert. Mit zwölf Jahren habe ich mit meinem Taschengeld das erste Buch dazu gekauft und mich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt.

Es war gar nicht so leicht, an die Bücher zu kommen. Hexenbücher gab es damals nicht einfach in Buchläden.

Wie wurden Sie eine Hexe?

Ich habe entsprechende Ausbildungen im In- und Ausland gemacht. Einige Hexen werden in Hexenfamilien geboren, in der das Wissen, Traditionen und Bräuche weitergegeben werden. Andere finden dazu, weil ihnen bewusst wird, dass in ihrem Leben oder Glauben etwas fehlt.

Eine Frau guckt in einen alten Spiegel.
Legende: Zwischen zwei Welten: Der Begriff Hexe ist abgeleitet von «Hagazussa», Zaunreiterin. visualmoment / Tibor Nad

Was macht die moderne Hexe aus?

Das Wort Hexe kommt vom altdeutschen «Hagazussa», das meint Zaunreiterin. Es bezeichnet ein Wesen, das mit dem einen Bein fest im realen Leben, mit dem anderen aber in der mystischen Welt steht.

Hexe zu sein ist eine individuelle Lebenseinstellung. Es heisst, Verantwortung zu übernehmen: für sich, die Umgebung, alle Lebewesen. Und zwar, indem wir die Urkraft und das Wissen unserer Vorfahren in uns reaktivieren. Wir nehmen unsere Intuition sowie Zeichen und Symbole ernst.

Hexe zu sein ist eine individuelle Lebenseinstellung.

Hexe zu sein bedeutet, seinen ganz persönlichen Weg zu finden, eigene Stärken auszuleben und an Schwächen zu arbeiten.

Wie zeigt sich das Hexendasein in Ihrem Alltag?

In meiner tiefen Verbundenheit mit Tieren und der Natur, die ich durch Rituale fördere. Aber auch als Gründerin und Direktorin des Hexenmuseums Schweiz beschäftigt mich das Thema täglich. Zudem gebe ich wöchentlich Seminare und Workshops in unserem Seminarhaus. Ich forsche seit nunmehr 30 Jahren über Hexerei.

Wer kommt in diese Seminare?

Insgesamt mehr Frauen als Männer. Aber interessanterweise Menschen jeden Alters. Die einen interessieren sich für Heilkräuter, andere für Tarot, wieder andere für Brauchtum und Volksglaube. Aber auch Handlesen ist ein Thema.

Wie reagieren Leute darauf, dass Sie eine Hexe sind?

Für gewöhnlich stelle ich mich nicht gleich als Hexe vor. Das wäre absurd. Bekannte fragen mir aber oft Löcher in den Bauch. Man will diesen oder jenen Ratschlag und Hilfe.

Die Jüngeren interessiert primär, ob ich fliegen und zaubern kann und ob ich ein Zauberbuch habe. Leider kann auch ich nur im Flugzeug fliegen. Und zaubern in diesem Sinne kann ich auch nicht. Aber Zauberbücher habe ich eine ganze Menge.

Was steht in diesen Zauberbüchern drin?

Es sind Bücher mit magischem Wissen, sogenannte Grimoires. Sie können astrologische Regeln, Listen von Engeln und Dämonen, Zaubersprüche sowie Anleitungen zum Herbeirufen von magischen Wesen oder zur Herstellung von Talismanen und Zaubertränken enthalten.

Alles Unheimliche wurde kombiniert, um den Schrecken zu multiplizieren.

Die Blütezeit dieser Schriften lag zwischen dem Spätmittelalter und dem 18. Jahrhundert. Mit der beginnenden Renaissance wurden einerseits antike Quellen neu aufgearbeitet und andererseits neue Erkenntnisse der Naturwissenschaften verarbeitet.

Das Bild der Hexe mit dem Raben auf der Schulter: Was ist da dran und woher kommt es?

Das ist aus dem Volksglauben entstanden. Alles Unheimliche wurde kombiniert, um den optischen Schrecken zu multiplizieren. So gibt es mehrere sogenannte Hexentiere: schwarze Katzen, Kröten, Eulen und eben Raben oder Krähen.

In der römischen und griechischen Antike war das Erscheinen der schwarzen Raben immer ein Zeichen nahenden Unglücks. Die Parallelen sind da offensichtlich.

Ein Rabe auf einem Ast.
Legende: Früher glaubte man, dass Raben Unglück und Tod vorausahnen. So begann man den «ungeheuren» Vogel mit dem Bild der «bösen» Hexe zu vermischen. Visualmoment / Tibor NAd

Versuchen Sie als Hexe, das Bild der bösen Hexe zu revidieren?

Ich sehe mich als Menschen, der versucht den Irrglauben, die Vorurteile und die noch immer existierende Angst um das Phänomen «Hexe», mitsamt der traurigen Geschichte der Hexenverfolgung, verständlich zu machen.

Ich will einen neutralen Rahmen bieten, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Das Gespräch führte Olivia Röllin.

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