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Beruf Künstler «Auf unsere Studierenden passt keine Stellenbeschreibung»

Jedes Jahr schliessen in der Schweiz hunderte von Studierenden ihr Kunststudium an einer Hochschule ab. Ihnen steht eine ungewisse Zukunft bevor, sagt Swetlana Heger-Davis, die Leiterin des Departements «Kunst und Medien» der Zürcher Kunsthochschule ZHdK.

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Beruf: Künstler*in. Arbeitssituation: prekär
aus Kontext vom 05.07.2018. Bild: imago /Photocase
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SRF: Wenn Sie an die Zukunft Ihrer Studierenden denken: Was erwartet diese nach Abschluss des Studiums?

Swetlana Heger-Davis: Die sofortige Selbstständigkeit. Wir bilden Künstlerinnen und Künstler aus, auf die keine Stellenbeschreibung passt. Das heisst, die Studierenden müssen sich nach dem Abschluss selbst organisieren können.

Swetlana Heger-Davis

Swetlana Heger-Davis

Künstlerin und Dozentin

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Swetlana Heger-Davis (*1968) leitet seit September 2017 das Departement «Kunst und Medien» der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Unter dem Namen Swetlana Heger ist die gebürtige Tschechin als bildende Künstlerin bekannt. Ihre Werke werden in Europa, USA und Japan gezeigt.

Wie konkret werden die jungen Menschen darauf vorbereitet?

Man könnte das Studium an der Hochschule als ein «Survival Training» bezeichnen. Wir üben den Künstlerberuf anhand von realen Situationen, indem wir Ausstellungen organisieren, den Ablauf von der Konzeptidee bis zur Realisierung durchgehen. Deswegen arbeiten wir auch mit externen Partnern zusammen, wie zum Beispiel dem Migrosmuseum oder der Kunsthalle.

‹Superkarrieren› gelingen nur ganz wenigen Kunstschaffenden.

Wir laden aber auch Rechtsexperten ein, die unsere Studierenden mit Vertrags- und Urheberrechten der eigenen Werke vertraut machen. Das sind wichtige Bausteine für eine erfolgreiche Karriere.

Mann geht eine Treppe hoch
Legende: Wohin geht der Weg nach dem Studium? Absolventen von Kunsthochschulen müssen sich euf eine ungewisse Zukunft vorbereiten. Keystone

Die Konkurrenz auf dem Kunstmarkt ist gross. Vielen gelingt keine Karriere.

Es ist leider so, dass diese sogenannten «Superkarrieren» nur ganz wenigen Kunstschaffenden gelingen. Gleichzeitig sind diese medial sehr präsent, was das Bild verzerrt. Denn es ist nur ein kleiner prozentueller Anteil, der eine Luxuskarriere als Künstlerin oder Künstler auch tatsächlich schafft.

Glücklicherweise gibt es in der Schweiz dank staatlicher Stipendien und privater Finanzierungen gute Möglichkeiten, eine Karriere anzuschieben.

Welche Verantwortung haben Sie persönlich, dass die Studierenden nach dem Abschluss ihren Platz als Künstlerin und Künstler finden?

Diese Verantwortung kann ich persönlich nicht übernehmen. Aber ich versuche, die einzelnen Künstlerinnen und Künstler auch nach dem Studium zu unterstützen.

Wir leiten Ausschreibungen für Stellen, Stipendien und Fellowships an unsere Ehemaligen weiter. Wir pflegen das Netz der Ehemaligen. Oft kommen die Absolventen auf uns zu, etwa für Assistenzstellen in der Lehre, wo sie ebenfalls wertvolle Erfahrungen sammeln können.

Auffahrtrampe aus Beton von einem grossen Gebäude
Legende: Die Zürcher Hochschule der Künste im Toni-Areal in Zürich will ihre Studenten auf eine harte Berufswelt vorbereiten. Keystone

Hat die ZHdK als Hochschule eine gewisse Verantwortung für die Zukunft der Studierenden?

Die Verantwortung einer Hochschule liegt darin, eine erstklassige Ausbildung anzubieten. Da sehe ich meine Rolle, das ist mein Ziel. Daran arbeiten wir. Ich weiss, wie schwer es ist, wenn man nach dem Studium auf sich alleine gestellt ist.

Die jungen Leute müssen ihren Weg nach dem Studium also selber finden.

Ja, aber heute gibt es glücklicherweise mehr Möglichkeiten für eine Karriere als früher. Dass Künstler überall arbeiten können, in einer Werbeagentur etwa oder im Lifestyle- und Modebereich, ist trotzdem häufig ein Klischee. Natürlich gibt es einzelne ausgebildete Künstler, die ihre Berufung anderswo finden. Aber soweit ich das sehe, versuchen die meisten ihr Glück in der Kunstwelt.

Als Künstlerin hat man eine unglaubliche Freiheit, Ideen zu entwickeln und umzusetzen.

Doch dort sind die Aussichten nicht unbedingt rosig. Eine Umfrage von «Suisse Culture Sociale», dem Dachverband der Kulturschaffenden, zeigt, dass die Hälfte der Befragten weniger als 40'000 Franken im Jahr verdient. Die Situation sei prekär.

Ja, damit muss man umgehen. Andererseits hat der Beruf auch viele Vorteile. Darauf mache ich meine Studierenden aufmerksam.

Als Künstlerin hat man eine unglaubliche Freiheit, Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Ich kann mich in meiner über 20-jährigen Laufbahn als bildende Künstlerin nicht daran erinnern, zensuriert worden zu sein. Künstler ist einer der wenigen Berufe, wo diese Freiheit noch existiert.

Das Gespräch führte Julia Voegelin.

Arbeitswelten

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