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Skulpturen in Münster Das Publikum macht die Kunst zum Werk

Nur alle zehn Jahre finden sie statt: Die «Skulptur Projekte Münster» verwandeln die Stadt in Westfalen zu einem Hotspot für plastische Kunst aus aller Welt.

Auf dem Wasser wandeln, am Lagerfeuer sitzen und sich ein Tattoo stechen lassen: Klingt nach einem amüsanten Programm. Aber, was bitte, hat das mit Skulpturen zu tun?

Skulpturen reagieren auf die Stadt

Nary Baghramian: «Beliebte Stellen»
Legende: «Was ist Skulptur?», fragen die Skulptur Projekte Münster. Hier Nary Baghramians «Beliebte Stellen». Skulptur Projekte Münster/Henning Rogge

Skulptur ist längst nicht mehr nur das heroische Reiterstandbild oder die abstrakte Grossplastik. Die Freiluft-Ausstellung «Skulptur Projekte Münster» macht das Angebot, darüber nachzudenken, was Skulptur heute kann und ist.

Es gehe nicht darum, mit welchem Medium ein Künstler arbeite, sagt Marianne Wagner: Die Frage, was eine Skulptur ist, lasse sich mit nahezu jedem Medium bearbeiten.

Marianne Wagner hat in diesem Jahr zusammen mit Britta Peters und Kasper König die Skulptur Projekte Münster kuratiert. 35 Kunstschaffende aus aller Welt hat das Kuratorentrio eingeladen, auf die Stadt Münster zu reagieren.

Künstler in der Gartenkolonie

Jeremy Deller.
Legende: Über zehn Jahre befüllt: Jeremy Deller zeigt Gartentagebücher. Skulptur Projekte Münster/Henning Rogge

Unter den beteiligten Kunstschaffenden sind einige, die nicht zum ersten Mal dabei waren. Jeremy Deller zum Beispiel. Der Brite ist ein echter «Münster-Habitué».

Bereits 2007 nahm er an den «Skulptur Projekten» teil und bereitete ein Langzeit-Projekt vor: Er verteilte in Münsteraner Gartenkolonien Blankobücher und lud die Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner ein, sie als Gartentagebücher zu benutzen.

In diesem Jahr können die Bücher in einer Gartenlaube besichtigt werden. Sie haben sich mit Fotos und getrockneten Blüten gefüllt. Aber auch mit zahlreichen Zeitungsausschnitten und Einträgen, die Jeremy Deller betreffen. Denn der Künstler hat «seine» Gartenliebhaber regelmässig besucht.

Kommunikative Kraft

Emeka Ogboh: «Passage through Moondog».
Legende: Manchmal ist Kunst hier die kleine Irritation im Alltag. Emeka Ogboh: «Passage through Moondog». Skulptur Projekte Münster/Henning Rogge

Jeremy Dellers Langzeit-Projekt veranschaulicht einige der besonderen Qualitäten der «Skulptur Projekte Münster». Die Ausstellung hat eine grosse kommunikative Kraft und sie hat die Möglichkeit, Kunst in Alltagssituationen zu bringen. Nah an die Bewohner und die Besucherinnen.

Das zeigen auch so populäre Projekte wie Michael Smiths Tattoo Studio, Aram Bartholls Handy-Ladestation am Lagerfeuer oder Ayşe Erkmens Installation an einem Stichkanal im Hafen: Ein knapp unter der Wasseroberfläche installierter Steg ermöglicht es, auf dem Wasser zu wandeln.

Das Publikum ist das Motiv

Ayse Erkmen: «On Water»
Legende: Beliebtes Fotomotiv: Ayşe Erkmens begehbare Installation «On Water». Skulptur Projekte Münster/Henning Rogge

Erkmens Projekt ist eines der beliebtesten Fotomotive der Ausstellung. Auch, weil die Besucherinnen und Besucher hier selber zum Motiv werden. Denn schaut man den Steg an, wenn gerade niemand übers Wasser wandelt, ist er nur halb so aufregend.

Die Ausstellung

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Skulptur Projekte Münster läuft noch bis zum 1. Oktober 2017.

Erst durch das aktive Publikum wird das Projekt zur faszinierenden Skulptur. Sie macht ganz nebenbei auch auf die Gentrifizierungsprozesse des Hafenquartiers aufmerksam. Denn der Steg verbindet die alte, industriell genutzte Hafenseite mit dem aufgepeppten neuen Hafen, der mit Bars und Cafés lockt.

Afrikanische Masken und Asia-Kitsch

Es gibt aber auch klassischen Stoff zum Schauen. Publikumsliebling sind die witzig-frechen, comic-artigen Wandbilder des schwedischen Künstlers Sany. Hervé Youmbi aus Kamerun zeigt auf dem historischen Überwasserfriedhof Masken, die auf US-amerikanische Horrorfilme und afrikanische Kultgegenstände anspielen.

Der Raum als Erlebnisraum, das gilt auch für die zahlreichen Arbeiten in Innenräumen, wie zum Beispiel Mika Rottenbergs Videoinstallation in einem überbordend bunt dekorierten Asia-Laden.

Mika Rottenberg: «Cosmic Generator».
Legende: Mika Rottenberg platziert «Cosmic Generator» in einem Asia-Laden. Skulpur Projekte Münster/ Henning Rogge

Mit ihrem Mix aus interaktiven und installativen, humorvolle und hintergründigen Arbeiten vermitteln die «Skulptur Projekte Münster» ein sehr vielschichtiges Bild davon, was Skulptur heute sein kann. Und bestätigen so ihren Ruf, Trendbarometer der Skulptur-Szene zu sein.

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