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Wie eine Sportarena den Wald zum Kunsterlebnis macht
Aus Kulturplatz vom 11.09.2019.
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Kunstprojekt «For Forest» Wo sonst Fussballer kicken, steht jetzt ein Wald

Kunstinitiator Klaus Littmann und Landschaftsgestalter Enzo Enea machen Klagenfurts Fussballstadion zur Showbühne für eine Waldinstallation.

Seit langem träumt der Schweizer Kunstinitiator Klaus Littmann davon, die Kunstzeichnung mit dem ironischen Titel «Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur» von Max Peintner aus dem Jahr 1970 in die Realität umzusetzen.

In einem vollen Sportstadion bestaunt das Publikum einen Wald, geradeso als wäre dieser Wald ein exotisches, fremdartiges Wesen aus fernen Ländern oder vergangenen Zeiten. Nun wird diese Vision im österreichischen Klagenfurt wahr.

Eine Zeichnung eines Fussballstadions, in der Mitte auf dem Spielfeld steht ein Wald.
Legende: Die Zeichnung «Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur» (1970/71) von Max Peintner hat Klaus Littmann zu seiner Installation inspiriert. Max Peintner

Star in der Arena des Wörthersee-Stadions ist jetzt für zwei Monate ein Gehölz, das der Schweizer Landschaftsgestalter Enzo Enea nach dem Muster des natürlichen Kärntner Mischwalds aus gut 300 Bäumen und Sträuchern zu einem lebendigen Gesamtkunstwerk zusammengestellt hat.

Einheimisches Gewächs aus dem Ausland

Ironie des Schicksals: dieser Mischwald ist in Kärnten so gar nicht mehr anzutreffen. Wie fast überall in Mitteleuropa wurden die Wälder weitgehend zu Monokulturen umgestaltet, um möglichst hohe Holzerträge zu erzielen. So musste Enzo Enea zu seiner eigenen Überraschung manche Pflanzenarten, die den einst typischen Kärntner Mischwald ausmachen, aus dem Ausland heranschaffen.

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Eine Stadt unter der Stadt (07.12.2016)
05:12 min
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Alle Pflanzen stammen ursprünglich aus Baumschulen. Nach dem Ende des Projekts werden sie in derselben Konstellation wie im Stadion auf einem geeigneten Stück Land in oder bei Klagenfurt richtig eingepflanzt, damit sie dort – auch im Wurzelgeflecht - zu einem echten, lebendigen Wald zusammenwachsen können.

Ein leeres Fussballstadion: auf dem Spielfeld befindet sich ein dichter Mischwald.
Legende: Alle Pflanzen stammen ursprünglich aus Baumschulen. Nach dem Ende des Projekts werden sie auf einem geeigneten Stück Land eingepflanzt. Gerhard Maurer

Arena und Flutlicht machen Wald zu Kunst

Zwei Monate lang können die Besucher gratis das Stadion betreten, um dem Wald beim Waldsein zuzuschauen. Das Rund der Arena, die 30'000 Plätze bietet, erhebt die Waldkomposition wie von selbst in den Rang eines Schaustücks, eines Kunstwerks. Ganz besonders dürfte dieser Effekt jeweils abends zum Tragen kommen, wenn in der Dämmerung die Scheinwerfer angehen und das grüne Laub in Kunstlicht tauchen.

Ein Mann mit grauen Haaren betrachtet ein Modell eines Fussballstadions.
Legende: Romy Rainer / For Forest

Klaus Littmann will mit dieser Kunstintervention die Menschen mit der zunehmenden Entfremdung von ihrer natürlichen Umwelt konfrontieren, sie zum Nachdenken anregen über unser Verhältnis zur lebendigen Natur. Der Wald ist dem durchschnittlichen Mitteleuropäer eine Selbstverständlichkeit, eine zufällige Gruppierung von Bäumen, die Holz liefern.

Er ist Naherholungsraum für Spaziergänger, Tummelfeld für Sportler und Schutzwall gegen Lawinen und Steinschlag. Darüber hinaus dient der Wald zunehmend als pädagogischer Erfahrungsraum, wo Kinder und Schülerinnen mehr über das Leben lernen als im Klassenzimmer. Schliesslich bietet sich der Wald auch an als magischer Projektionsraum für Sehnsüchte esoterischer und mythischer Art, ist Sinnbild für die Kraft und die Unbezähmbarkeit der Natur schlechthin.

Eine Aufnahme eines Fussballstadions von oben aus der Luft. Dort wo sonst der grüne Spielfeldrasen ist, steht ein Wald mit einer kleinen Lichtung.
Legende: Klaus Littmanns Wald im Klagenfurter Stadion. Unimo

Mahnmal gegen den Klimawandel

Mit den alarmierenden Nachrichten über die verheerenden Brände im Regenwald Amazoniens und über das Waldsterben wegen Trockenheit in unseren eigenen Breitengraden hat diese Kunstintervention allerdings aktuell eine brandneue Deutung erhalten. Sie wird jetzt primär wahrgenommen als grossformatiges Mahnmal gegen Klimawandel, Erderwärmung und Umweltzerstörung.

So megaloman Klaus Littmanns Kunstintervention erscheinen mag, sie kommt zum richtigen Zeitpunkt und durchaus mit angemessenem Gewicht.

«Kulturplatz» zum Kunstprojekt «For Forest»

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Die Sendung «Kulturplatz» widmet sich nächste Woche dem Kunstprojekt von Klaus Littmann in Klagefurt – und denkt über das Verhältnis zwischen Mensch und Natur nach.

Kulturplatz, 22:35 - 23:10, Mittwoch, 11.09.2019

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