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Legendärer Volksentscheid Das Picasso-Wunder von Basel

«All You Need Is Pablo»: Mit diesem Slogan kämpften junge Basler 1967 für den Ankauf von zwei Picasso-Bildern. Sie bewegten die Basler Stimmbürger dazu, mehr als sechs Millionen Franken auszugeben. Dieser legendäre Volksentscheid führte zu einer wundersamen Picassobilder-Vermehrung.

Am 20. April 1967 stürzte ein Flugzeug der Basler Globe Air ab und riss 124 Menschen in den Tod. Diese Katastrophe führte zum ersten Grounding einer schweizerischen Fluggesellschaft. Der Hauptaktionär der Globe Air, Peter A. Staechelin, musste für die finanziellen Forderungen geradestehen.

Staechelin besass kaum noch Geld, dafür aber millionenschwere Kunst, die im Kunstmuseum Basel hing. Sein Vater hatte diese Familiensammlung in eine Stiftung überführt. Mit der Auflage, die Bilder dürften nicht verkauft werden, es sei denn, ein Familienmitglied gerate in finanzielle Not.

Verkauf der Picasso-Bilder drohte

Zum Entsetzen der Basler Kunstwelt verkaufte Peter A. Staechelin ein erstes Bild nach Amerika: «La Berceuse» von Vincent van Gogh. Der Verkauf weiterer Gemälde drohte, unter anderen zwei bedeutende Gemälde von Pablo Picasso: «Arlequin assis» (1923) und «Les deux frères» (1905).

Franz Meyer, der damalige Direktor des Kunstmuseums Basel, brachte Politiker, Kunstfreunde und Peter A. Staechelin soweit, dass die Stadt für 8,4 Millionen Franken die beiden Gemälde kaufen konnte. 2,4 Millionen musste von privater Seite erbracht werden, die restlichen 6 Millionen wollte die Stadt zahlen.

Basel kämpft für die Bilder

Doch gegen den Staatsbeitrag wurde das Referendum ergriffen. Was nun folgte, war beispiellos. Die Basler Jugend ging auf die Strasse und kämpfte für den Bilderankauf. Die ganze Stadt war auf den Beinen, sogar der FCB warb mit einer Plakataktion dafür.

Ein legendäres Bettlerfest wurde organisiert. Am 17. Dezember 1967 entschied die Basler Stimmbevölkerung an der Urne, dass die zwei Gemälde von Pablo Picasso mit Steuergeldern gekauft werden.

Picasso war gerührt

Von seinem Alterssitz bei Mougins in Südfrankreich aus hatte Picasso die Ereignisse mitverfolgt. Angela Rosengart, die heutige Leiterin des Museums Sammlung Rosengart in Luzern, war mit Picasso befreundet. Sie und ihr Vater, der Kunsthändler Siegfried Rosengart, waren oft zu Besuch beim Künstler.

Sie erinnert sich, wie sie Picasso von den Ereignissen in Basel berichteten. Dass in einer Volksabstimmung die Menschen für den Kauf seiner Bilder stimmten, begeisterte den Maler.

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Angela Rosengart: «Picasso freute sich wahnsinnig.»
Aus Kultur Extras vom 15.03.2013.
abspielen. Laufzeit 43 Sekunden.

Franz Meyer wurde reich beschenkt

Picasso lud nun Museumsdirektor Franz Meyer nach Mougins ein. Er durfte sich ein Bild auswählen. Der Fotograf Kurt Wyss war ebenfalls mit dabei. Franz Meyer konnte sich nicht für ein Bild entscheiden, erzählt Wyss.

Er bat Picasso, zwei Bilder nebeneinander zu stellen, damit er eine Wahl treffen könne. Daraufhin meinte Picassos Frau Jacqueline, die beiden Bilder gehörten doch sowieso zusammen. Picasso solle doch beide nach Basel geben – und er stimmte zu.

Die wundersame Bilder-Vermehrung

Schliesslich gab Picasso noch zwei weitere Bilder dazu. So kehrte Franz Meyer mit drei Gemälden und einer Skizze zu einem der berühmtesten Picasso-Werke – «Les Demoiselles d’Avignon» – reich befrachtet zurück nach Basel. Die Bilder schenkte Picasso ausdrücklich der «Jeunesse de Bâle», die für seine Kunst auf die Strasse gegangen war.

Gerührt von dieser grosszügigen Geste entschied sich auch die Basler Kunstmäzenin Maja Sacher dem Museum ein Bild zu überlassen. Sie brachte einen Picasso aus der kubistischen Phase eigenhändig ins Kunstmuseum.

Video
Museumsdirektor Franz Meyer über die Bedeutung der Werke.
Aus Kultur Extras vom 16.03.2013.
abspielen. Laufzeit 29 Sekunden.

Mit diesen Schenkungen besitzt das Kunstmuseum Basel heute eine der weltweit bedeutendsten Picasso-Sammlungen. Diese wurde für die grosse Picasso Retrospektive im Kunstmuseum Basel jetzt erstmals vereint mit den Beständen der Fondation Beyeler.

Dazu kommen Werke aus zahlreichen Basler Privatsammlungen, die zum Teil erstmals öffentlich gezeigt werden und die Museumsbestände ideal ergänzen.

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