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«Flash Fiction» Kurz, knapp und knackig wie ein Käferpanzer

Wenig Text, ein überraschender Twist und fertig ist die Geschichte. Ultrakurze Prosa wird immer beliebter – denn sie passt zur Gegenwart.

Eine der kürzesten Geschichten überhaupt besteht nur aus fünf Wörtern: «Zu Verkaufen: Babyschuhe, nie getragen.» Diese Zeile, die fälschlicherweise oft Ernest Hemingway zugeschreiben wird, würde man heute als «Flash Fiction» bezeichnen.

Flash Fiction ist ein Überbegriff für Prosa, die sehr kurz ist und trotzdem eine komplette Geschichte erzählt. Die Texte dieses Genres dürfen nach der gängigen Definition höchstens 1000 Wörter lang sein. Manche behaupten, dass schon 100 Worte reichen müssen.

Wenig Text, Handlung, Twist

Sogenannte «Flashs» sind also maximal halb so lang wie eine Kurzgeschichte, die meist 2000 bis 20'000 Wörter umfasst. Wie diese müssen sie eine Handlung, ein Anfang und ein Ende haben – im Gegensatz zu Gedichten oder losen Gedankenschnipseln.

Inhaltlich kennt Flash Fiction keine Grenzen: Sie kann spannend, witzig oder abgefahren daherkommen. Typischerweise enden die «Blitzgeschichten» mit einem überraschenden Twist.

6 Tipps: Hier gibt's für Flash Fiction zu entdecken

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Heute boomt diese ultraknappe Prosa weltweit, vor allem in den USA, Grossbritannien und Lateinamerika. Es gibt Flash-Fiction-Wettbewerbe, eigene Magazine und Rubriken bei Onlinezeitungen. Briten und Neuseeländerinnen feiern sogar einen nationalen Flash-Fiction-Tag.

Kurz genug für die Zigarettenpause

1992 erschien eine Sammlung von Kürzest-Geschichten unter dem Titel «Flash Fiction». Der Name für das junge literarische Genre war gefunden.

Buchhinweis

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Tom Hazuka, Denise und James Thomas: «Flash Fiction. 72 Very Short Stories», W. W. Norton & Company, 1992.

Manchmal werden den kurzen Geschichten auch andere, sprechende Namen gegeben: «Sudden Fiction», «Postcard Story» (mit so wenig Text wie eine Postkarte) oder «Smoke-long Story» (kurz genug für die Pafferpause).

Ihr literarisches Vorbild? Superkurze Erzählungen, wie es sie schon seit der Antike gibt. Im 20. Jahrhundert dachten sich etwa Franz Kafka oder Robert Walser meisterhaft Geschichten aus wenigen Sätzen aus.

Optimal aufs Internet zugeschnitten

Mit so wenig Worten als nötig so viel als möglich erzählen: Neu belebt und heute richtig beliebt wurde dieses Prinzip dank dem Internet. Denn je kürzer eine Geschichte, desto besser lässt sie sich auf dem Smartphone oder Computer lesen.

Manche Formen von Flash Fiction entstehen sogar eigens für Social Media – etwa Twitter-Geschichten, verpackt in einem 280-Zeichen-Tweet.

Statt die grossen Zusammenhänge zu erklären, soll Flash Fiction vor allem eins: originell unterhalten und die Fantasie anregen.

Schillernde Winzlinge

Während ein Roman wie eine Kuh oder ein Tiger sei und die Kurzgeschichte wie Fisch oder Vogel, sei die Kürzestgeschichte ein verführerisch schillerndes Insekt – so formulierte es die argentinische Autorin Luisa Valenzuela.

Wo es wohl viele Autorinnen schmerzt, auf Schmuck zu verzichten, sehen Flash-Fiction-Schreiber gerade darin kreativen Spielraum. Sie servieren ihre Geschichten als kurze Worthäppchen statt in dicken Schinken: Das passt nur zu gut zur manchmal kurzatmigen Gegenwart.

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