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Triviale Groschenromane? Mit sexy Mittelalter-Geschichten zum Erfolg

Sie spielen im Mittelalter, setzen auf Spannung, Romantik und Sex: Die Romane, die Iny Klocke und Elmar Wohlroth schreiben, bezeichnen viele als Kitsch. Das kümmert die beiden wenig.

SRF: Iny Klocke und Elmar Wohlrath, Sie schreiben historische Romane mit Titel wie «Die Ketzerbraut» oder «Töchter der Sünde» ... Ist das nicht purer Kitsch?

Elmar Wohlrath: Wie sagte schon Friedrich der Grosse: Jeder soll nach seiner Fasson leben. Also soll auch jeder nach seiner Fasson lesen.

Iny Klocke: Wir halten den Vorwurf des Kitschs für ungerecht, weil er die Leser trifft. Man redet ihnen ein schlechtes Gewissen ein, obwohl sie doch Spass und Freude am Lesen haben. Wirklich eine überflüssige Kritik. Bei Krimis könnte man ja genauso gut sagen: da geht es nur um Mord und Totschlag. Aber Krimis haben ein hohes Ansehen.

Diese Kritik trifft die Leser, die Spass und Freude am Lesen haben.
Video
Herzschmerz - vom zeitlosen Erfolgsrezept der Trivialliteratur
Aus Kulturplatz vom 08.02.2017.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 24 Sekunden.

Wie wichtig ist Ihnen Ihr Erfolg, respektive die Verkaufszahlen Ihrer Bücher?

Iny Klocke: Erfolg ist uns egal. Wir haben uns immer gewünscht, soviel zu verkaufen, dass der Verlag bereit ist, das nächste Buch zu veröffentlichen. Und das hat bisher funktioniert.

Elmar Wohlrath: Als ich noch jung war, war es mein Wunsch zu schreiben und bescheiden davon leben zu können. Was ich mir damals vorgestellt habe, wurde mindestens um das Zehnfache übertroffen.

Iny Klocke: Wir freuen uns einfach für unsere Leser und Leserinnen – und wünschen ihnen immer alles Gute und Schöne.

Zwei Autoren, ein Pseudonym

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Legende: Imago

Unter dem Pseudonym Iny Lorentz veröffentlichen Iny Klocke und Elmar Wohlrath seit Jahrzehnten Bestseller-Romane. Ihre Geschichten spielen vornehmlich im Mittelalter, ihr berühmtestes Werk ist «Die Wanderhure». Insgesamt haben Iny Lorentz bereits über 50 Bücher veröffentlicht und über 13 Millionen Exemplare verkauft.

Warum bereiten Ihre Bücher Freude?

Iny Klocke: Unsere Romane lassen sich relativ leicht lesen. Das wollen wir genauso. Wir vermeiden komplizierte Satzkonstruktionen, so dass auch Leute mit Sprachschwierigkeiten sie lesen können. Die Bücher sind dazu da, dass Leute, die schwer arbeiten, sich abends mit einem Buch entspannen können. Dass sie in andere Welten abtauchen können.

Elmar Wohlrath: Sie sollen Kraft schöpfen können für das normale, alltägliche Leben. Wenn jemand nach Hause kommt und Ärger mit seinem Chef hatte, soll er am nächsten Tag besser gelaunt hingehen. Und notfalls auch dem Chef sagen: So geht’s nicht.

Warum sind ausgerechnet Mittelalter-Romane so beliebt?

Elmar Wohlrath: Es ist der Wunsch, beim Lesen die eigenen Wurzeln zu erfahren. Gleichzeitig ist es auch eine Welt voller Exotik, die nicht weniger komplex ist als die heutige. Diese Welt ist voll von Figuren, die in der Lage sind, sich gegen Widerstände durchzusetzen. Das soll Mut geben, sich gegen heutige Probleme zu behaupten.

Aber die Probleme der Menschen im Mittelalter sind doch grundverschieden von unseren gegenwärtigen ...

Iny Klocke: So anders waren die Probleme damals nicht. Das begreifen viele nicht. Natürlich gibt es Unterschiede, aber rein von den menschlichen Gefühlen her kaum. Es liegen nur 25 Generationen zwischen dem Mittelalter und uns. Mehr nicht! Das sind unsere Vorfahren, die fast noch greifbar sind.

Es liegen nur 25 Generationen zwischen dem Mittelalter und uns.

Wie wichtig sind neben den Emotionen die historischen Fakten?

Elmar Wohlrath: Man darf die historischen Fakten niemals verändern. Wir füllen die Historie mit unseren eigenen, fiktiven Personen. Aber die Fakten können wir nicht erfinden.

Ist es auch schwierig, sich immer wieder in die Biographien und Emotionen Ihrer Figuren hineinzuversetzen?

Elmar Wohlrath: Ja, das ist nicht immer leicht. Es war kein Zuckerschlecken, gewisse Szenen der «Wanderhure» zu schreiben. Denn die Geschichten laufen in meinem Kopf ab und ich kann sie nicht einfach abknipsen. Mein Kopf arbeitet weiter, in der Nacht, unter der Dusche, beim Frühstück. Da sitze ich dann schon mal griesgrämig am Tisch.

Es war kein Zuckerschlecken, die «Wanderhure» zu schreiben.

Iny Klocke, Sie haben einmal das Schreiben mit ihrer EDV-Ausbildung verglichen. Wie passt das zusammen?

Iny Klocke: 35 Jahre habe ich in der EDV gearbeitet. Wenn man etwas programmiert, ist das im Arbeitsablauf ganz ähnlich, wie Belletristik zu schreiben. Elmar und ich wissen einfach, wie es reibungsloses Zusammenarbeiten funktioniert.

Wie genau arbeiten Sie denn zusammen?

Iny Klocke: Wir reden erst einmal über alles. Dann macht mein Mann die Vorrecherchen, setzt sich hin und schreibt die Rohschrift. Anschliessend gibt er mir Kapitel für Kapitel, damit ich es kontrollieren und korrigieren kann. Danach übernimmt er wieder. Dann geht das hin und her, jeder korrigiert ungefähr siebenmal. Danach geht der Entwurf zum Agenturlektorat und zum Verlagslektorat.

Das hört sich nach Schwerstarbeit an …

Elmar Wohlrath: Die sich aber auch lohnt. Ein gewisser Druck ist natürlich da – man will die Leser ja nicht enttäuschen.

Das Gespräch führte Julia Bendlin.

Sendung: SRF zwei, Kulturplatz, 8.2.2017, 22:25 Uhr

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