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Literatur Nach dem Euro-Kurssturz: Schweizer Verlage müssen über die Bücher

Schwere Zeiten für die Verlagswelt: Nach dem Kursabfall des Euro geht es für die Schweizer Buchverlage an die Substanz, denn den Grossteil ihres Umsatzes machen sie im Euro-Umland. Für Stefan Fritsch vom Diogenes Verlag bedeutet dies vor allem eines: sparen.

Wenn der Euro längerfristig so tief bleibt, welche Konsequenzen hat das für die Schweizer Verlage?

Stefan Fritsch, Mitglied der Geschäftsleitung beim Diogenes Verlag: Die Verlage in der Schweiz waren bereits unter Druck. Sie haben auch bei dem Kurs von 1.20 Franken bereits gelitten. Jetzt nimmt der Druck einfach schlagartig – und dramatisch – zu. Diogenes zum Beispiel hat einen sehr hohen Exportanteil: 90 Prozent des Umsatzes machen wir im Euro-Raum, also in Deutschland und Österreich. Mit dem Fall des Euros erwarten wir ein Umsatzminus von rund 16 Prozent.

Wie wollen Sie es schaffen, diese Verluste möglichst klein zu halten?

Eine Möglichkeit ist es, die Euro-Preise nach oben anzupassen. Alledings sind die deutschen Kunden äusserst preissensibel, das muss man mit Fingerspitzengefühl machen. Aber da werden wir nicht drum rum kommen. Die andere Möglichkeit ist, Kosten zu sparen. Nochmal über die Bücher gehen, Budgets anpassen – und Kosten sparen, wo es geht.

Wäre denn die Verlagerung ins Ausland eine Option, um Kosten zu sparen?

Wir sind ein Schweizer Verlag, wir leben stark mit unserer Schweizer Kultur. Das wäre sicher das allerletzte, was wir machen würden. Wenn der Diogenes Verlag in Deutschland wäre, wäre er nicht mehr derselbe Verlag.

Wo sehen Sie denn Möglichkeiten, Kosten zu sparen?

Naja, in der Produktion geht nicht mehr viel… Und wir werden natürlich versuchen, das Personal zu halten. Ich glaube, das wird uns auch gelingen. Man muss mit Feinschliff arbeiten, an allen möglichen Ecken und Enden sparen. Es hängt auch viel davon ab, wie sich der Kurs langfristig entwickelt. Wenn der Euro stärker wird und der Kurs bei 1.15 Franken landet, sähe alles noch etwas besser aus.

Die momentanen Preisunterschiede in Franken und Euro sind enorm. Der neue Diogenes-Titel «Kindeswohl» von Ian McEwan ist in der Schweiz ein Drittel teurer als in Deutschland. Springen da nicht auch die wohlwollendesten Kunden ab?

Das tun sie ja bereits massiv. Viele Schweizer Kunden kaufen im Ausland ein, Amazon importiert sehr viele Bücher in die Schweiz. Wir haben 2011 die Schweizer Preise nach unten angepasst, damit der Schweizer Buchhandel halbwegs konkurrenzfähig bleibt – immer auf das Wohlwollen der Schweizer Kunden zählend.

Die Preisüberhöhung in der Schweiz hat sich mit dem neuen Kurs dramatisch verändert. Aber die Preise in der Schweiz jetzt noch mal nach unten anzupassen, ist für uns keine Option.

Das klingt, als ob 2015 ein Schicksalsjahr für den Schweizer Buchhandel wird.

Das denk ich schon. Ich kann nur an die Konsumenten appellieren, mit den Buchhändlern zu reden. Die Händler können ja in der Schweiz die Preise festsetzen, da wir keine Preisbindung haben. Wir werden jetzt auf jeden Fall nochmals mit einer sehr viel grösseren Kaufkraftabwanderung in die umliegenden Euroländer rechnen müssen.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 20.1.2015, 17:10 Uhr.

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