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Musik Der komische Kauz, der die «Schrammelmusik» revolutionierte

Vom «Rockschrammeln» bis zum «Extremschrammeln»: Vor 40 Jahren mischte der Musiker und Komponist Roland Neuwirth die Wiener Volksmusik auf und gab der sogenannten «Schrammelmusik» ein neues Gesicht. Puristen heulten damals auf. Doch dank ihm wird heute noch «geschrammelt».

Roland Neuwirth ist Musiker, Komponist und Dichter – und ein ganz spezieller Kauz. In seiner Heimatstadt Wien gilt er als Institution: Neuwirth hat in den 1970er-Jahren die alte Schrammelmusik vom Staub befreit und wieder attraktiv gemacht. Damit hat er massgeblich dazu beigetragen, dass die Wiener Volksmusik heute vor Leben strotzt und wieder von vielen jungen Gruppen und Musikern gespielt wird.

Ein neues Gesicht für die Schrammelmusik

Roland Neuwirth im Porträt.
Legende: Ein «komischer Kauz»: Roland Neuwirth gilt in Wien als Institution. Lukas Beck

Neuwirths musikalischer Horizont reicht weit. Ursprünglich kam er vom Rock ‘n’ Roll, Soul und Blues her. Dann studierte er klassische Gitarre am Konservatorium. In den 1970er-Jahren dämmerte es ihm, dass er nie wie ein Bluessänger vom Mississippi klingen wird. Er begann nach den Traditionen vor der eigenen Haustür zu suchen und sie in seine Klangwelt zu integrieren. Mit Bluesakkorden à la John Lee Hooker und Soulgesang à la Aretha Franklin gab er der Schrammelmusik ein neues Gesicht. Und damit beging Neuwirth nicht einmal einen Traditionsbruch, auch wenn Puristen aufheulten.

Denn die Wiener Schrammelmusik war seit jeher ein Konglomerat verschiedener Einflüsse und Stile, entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Donaustadt aus allen Nähten platzte. Einwanderer aus der Tschechei, aus Ungarn, der Bukowina und den Alpen strömten damals in die Hauptstadt des österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaats und verwandelten Wien in eine frühe Multikulti-Metropole.

«Schrammeln» – auch über die Grenzen hinaus

Aus Walzermelodien, Streichertönen, Polkas aus Böhmen, Balkantänzen, alpenländischen Jodlern und Ländlern formte sich in den wuchernden Vorstädten ein neuer Stil. Zu «Stars» der Weinlokale wurde das Ensemble der Gebrüder Schrammel. Ihre Musik traf den Nerv der Zeit. Das Publikum überschlug sich vor Begeisterung und machte die «Schrammelmusik» über Wien hinaus bekannt. Bald tauchten Schrammelgruppen auch in Bayern, Schwaben und der Schweiz auf.

In diesen Pool der Tradition fasste Neuwirth hinein, als er vor 40 Jahren die Wiener Volksmusik aufmischte. Der Gitarrist mutierte zum «Rockschrammler» und dann zum Wellenreiter der «New Danube Wave», wie er seinen Flirt mit Pop- und Discosound nannte. In den 1980er-Jahren kehrte Neuwirth mit den «Extremschrammeln» zum akustischen Klang zurück.

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