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Schweizer Sinfonieorchester Dieses Orchester mag's nicht nur romantisch

Das Sinfonie Orchester Biel Solothurn ist für seine unkonventionellen Spielpläne bekannt. Momentan gräbt es Raritäten des sinfonischen Repertoires aus.

Es ist eine Sache, ein einziges Album mit vergessenen sinfonischen Werken aufzunehmen und zu produzieren. Aber eine ganze Reihe von CDs mit kaum gespielter Musik herauszubringen? Das zeugt von aussergewöhnlichem Mut und einer besonderen Experimentierfreude.

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Moritz Weber stellt das Sinfonie Orchester Biel Solothurn vor
03:59 min
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 59 Sekunden.

Denn Beethoven-Sinfonien würden sich zweifellos leichter verkaufen. Das Sinfonie Orchester Biel Solothurn wagt es trotzdem.

Selbst für Klassikfans eine Überraschung

Robert Radecke, Ferdinand Thieriot, Josef Rheinberger und Robert Volkmann: Diesen vier Komponisten der Romantik – von denen wohl selbst Klassikfans kaum je gehört haben – widmen das Orchester und sein jetziger Chefdirigent Kaspar Zehnder zur Zeit grosse Aufmerksamkeit.

Sie sind neben dem regulären Spielbetrieb dabei, die genannte CD-Reihe zu realisieren. Die erste Aufnahme (unter anderem finanziert durch Crowdfunding) mit Musik von Radecke ist bereits letztes Jahr erschienen und wurde von Presse wie Fachzeitschriften begeistert aufgenommen.

Schlag auf Schlag

Dabei hat das Sinfonie Orchester Biel Solothurn schwierige Zeiten hinter sich. Seit vielen Jahren war das Geld knapp. Im Jahr 2011 wurden das Orchester und das Städtebundtheater Biel-Solothurn dann zusammengelegt. Seither heisst das Zweispartenhaus «Theater Orchester Biel Solothurn», kurz TOBS.

Im Frühjahr 2015 folgte dann der nächste Schlag: Ein rigoroser Sparvorstoss der politischen Rechten im Bieler Gemeinderat drohte dem Berufsorchester das Genick zu brechen.

Die Rede war gar davon, alle 46 Musizierenden zu entlassen und in Zukunft für die Konzert- und Opernprojekte Ad-hoc-Orchester zusammen zu stellen.

Man steht zu seinem Orchester

Der Vorstoss wurde jedoch vor einem Monat versenkt – auch dank Petitionen und Demonstrationen der Bevölkerung. Man steht in Biel und Solothurn offensichtlich zu seinem Orchester, das die Kulturlandschaft der Region auf musikalisch originelle Weise belebt.

Man schätzt, dass es auch zuhause hochwertige Sinfoniekonzerte und Opernaufführungen gibt und man dafür nicht immer nach Bern oder Basel reisen muss. Und man ist auch bereit, dieses Angebot mit Verve zu verteidigen.

Von der Klassik bis ins 21. Jahrhundert

Schweizer Sinfonieorchester

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Neben dem Aufspüren von Raritäten sind beim Sinfonie Orchester Biel Solothurn die Werke der Klassik und der Frühromantik zentral. Das widerspiegelt sich auch im den monatlichen Sinfoniekonzerten dieser Saison: Einiges von Mozart und Mendelssohn steht auf dem Programm.

Ein dritter zentraler Pfeiler des Repertoires ist die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Schon der erste Chefdirigent des Orchesters, der Komponist und Dirigent Jost Meier, der in der Gründungszeit ab 1969 das Orchester leitete, hatte diese Richtung vorgespurt.

Schützenswert

In den Opernproduktionen von TOBS sind immer wieder junge talentierte Sängerinnen und Sänger zu hören. Das Ensemble speist sich teilweise aus dem Schweizer Opernstudio, das in Biel beheimatet ist.

Auch im Opernprogramm dieser Saison zeigt sich: TOBS und sein Intendant Dieter Kägi haben eine ausgewogene Mischung zwischen Opernhits und Trouvaillen des Repertoires hinbekommen.

Von Rossinis allseits bekanntem «Barbiere» geht’s über Mozarts Frühwerk «Mitridate», Tschaikowskys «Iolanta», Lehár Operette «Die lustige Witwe» bis zur Uraufführung von Jost Meiers «Marie und Robert». TOBS leistet insgesamt also eine wichtige und schützenswerte Arbeit für die Region und für die Schweiz.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 8.9.2017, 8.20 Uhr

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